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Was darf die Polizei und was darf sie nicht?

Polizeirecht und Durchsuchung 2

 

Halt! Kontrolle! – Jeder hat es schon einmal erlebt: auf offener Straße, bei Versammlungen oder im Straßenverkehr. Plötzlich steht die Polizei vor dem/der Betroffenen oder die „Kelle“ winkt einen Autofahrer zur Seite. Polizeikontrolle.

 

Regelmäßig geht dies mit einem unangenehmen Gefühl einher, selbst wenn man sich vorschriftsmäßig verhalten hat; denn man wird ja immerhin auch zur Attraktion für den einen oder anderen Schaulustigen. Hinzu kommen die Fragen der Beamten, die meist weit mehr umfassen, als nur nach dem Namen und dem Führerschein zu fragen. Die Palette etwaiger Maßnahmen ist lang und kann bis zur Durchsuchung der Kleidung oder gar des Fahrzeuges reichen.

 

Wie verhalte ich mich in diesen Situationen richtig? Diese Frage stellt sich ebenso zwangsläufig wie die damit verbundene Frage: Was dürfen die Polizeibeamten eigentlich? Muss ich jeder Anweisung Folge leisten? Dieser Beitrag soll einen kleinen Überblick zu diesen Fragen geben. Denn wie so oft, wenn es um Recht und Gesetz geht, ist die Antwort nicht „ja“ oder „nein“, sondern „es kommt darauf an“.

 

Welche Funktionen hat die Polizei?

Es ist sehr wichtig, zu unterscheiden, auf welcher Grundlage die Polizei handelt. Die Polizei übt in Deutschland nämlich eine Doppelfunktion aus. Je nachdem, in welcher Funktion sie gerade tätig ist, bestimmt das jeweilige Gesetz, was erlaubt ist und was nicht. Die Frage „Was darf die Polizei?“ muss also immer mit Blick auf die jeweilige Funktion beantwortet werden, in der die Polizei gerade dem Bürger gegenüber in Erscheinung tritt:

 

  1. Gefahrenabwehr (präventiv)

→ Hier erfüllt die Polizei die Funktion einer verwaltungsrechtlichen Sicherheitsbehörde. Maßgeblich sind hier die Landespolizeigesetze (in Bayern z.B. das Polizeiaufgabengesetz, PAG).

 

  1. Ermittlung und Verfolgung begangener Straftaten (repressiv)

→ Hier ist sie als Ermittlungsbehörde der Staatsanwaltschaften tätig. Maßgeblich ist hier insbesondere die Strafprozessordnung.

 

Sämtliche Vorschriften des PAG oder der Strafprozessordnung hier zu erläutern, würde den Rahmen dieses Beitrags sprengen. Im Folgenden wird daher der Fokus vor allem auf übliche Maßnahmen gelegt, die im Zusammenhang mit Personen- oder Verkehrskontrollen anzutreffen sind. Im Zentrum steht dabei die sog. Identitätsfeststellung, also schlicht die Frage des Polizeibeamten: „Und wer sind Sie eigentlich?“

 

Wann darf die Polizei eine Identitätsfeststellung durchführen?

Die Identitätsfeststellung gehört zu den häufigsten polizeilichen Maßnahmen, die die meisten wohl schon einmal erlebt haben. Entsprechend der Unterscheidung zwischen präventivem (Gefahrenabwehr) und repressivem (Strafverfolgung) polizeilichen Handeln sind die Voraussetzungen sehr unterschiedlich, nach denen die Polizei eine Identität feststellen darf.

 

Präventiv / Gefahrenabwehr

Man hat grundsätzlich eine allgemeine Auskunftspflicht gegenüber der Polizei. Das umfasst alles, was man vom Personalausweis ablesen kann; also Vor- und Nachname, Geburtstag, Geburtsort, Anschrift und Staatsangehörigkeit. Diese Auskunft kann nahezu ohne Anlass erfolgen, jedoch nur, wenn sie sich auf diese (wenigen) Angaben beschränkt.

 

Darüberhinausgehende Informationen – wie z.B. Familienstand, Geburtsname, Beruf, Adresse – können zwar auch verlangt werden, jedoch nur in konkreten Gefahrensituationen, an Orten mit einem generellen Gefahrenpotential (Flughäfen, Züge, Bahnhöfe, Grenzgebiete, Bordelle etc.) oder an offiziellen polizeilichen Kontrollstellen (insb. im Zusammenhang mit Versammlungen oder Großveranstaltungen).

 

 

Man hat grundsätzlich eine allgemeine Auskunftspflicht gegenüber der Polizei. Das umfasst alles, was man vom Personalausweis ablesen kann; also Vor- und Nachname, Geburtstag, Geburtsort, Anschrift und Staatsangehörigkeit.“

 

 

Repressiv / Strafverfolgung

Hier sind die Voraussetzungen einer Identitätsfeststellung enger und nur zulässig, wenn der Verdacht einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit besteht.

 

Ein solcher Verdacht liegt aber nur dann vor, wenn Hinweise und Indizien die Annahme rechtfertigen, dass die Person als Täter oder Teilnehmer eine bestimmte Straftat oder Ordnungswidrigkeit begangen hat oder zumindest versucht hat, sie zu begehen. Bloße Vermutungen reichen hierbei nicht aus. Der Verdacht muss sich vielmehr aus konkreten Tatsachen ergeben.

 

Besteht ein solcher Verdacht, so darf die Polizei nicht nur die Identität des Verdächtigen feststellen, sondern auch die Identität etwaiger Zeugen.

 

 

Wer verdächtigt wird, ist nicht dazu verpflichtet, Fragen zu beantworten, die über die Personalien hinausgehen. In diesen Fällen ist Schweigen Gold!

 

 

Welche Informationen darf die Polizei verlangen?

Grundsätzlich gilt folgende „Faustregel“:

 

Personalien

Wie oben bereits erwähnt, darf die Polizei nach allem fragen, was man vom Personalausweis ablesen kann. All das sollte man auch beantworten bzw. seinen Personalausweis zeigen, denn wenn die Polizei die Identität nicht zweifelsfrei feststellen kann, darf sie dazu weitere Maßnahmen ergreifen. Sie darf dann z.B. Kleidung oder Taschen durchsuchen oder den Betroffenen sogar mit auf die Wache nehmen.

 

Die Durchsuchung dient allein zur Identitätsfeststellung und ist auch nur auf sie beschränkt. Entdeckt die Polizei im Rahmen dieser Durchsuchung aber z.B. einen Joint, darf sie das zum Anlass nehmen, ein Strafverfahren gegen den Betroffenen einzuleiten. Dies gilt selbstverständlich auch für alle anderen Formen von sog. „Zufallsfunden“, die den Verdacht einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit begründen. Eine Einschränkung besteht aber insoweit, dass zumindest Zeugen einer Straftat nicht gegen ihren Willen durchsucht werden dürfen, um deren Identität festzustellen.

 

Die Mitnahme zur Wache kann sogar für längere Dauer sein und in eine sog. „Freiheitsentziehung“ münden. Diese muss allerdings von einem Richter angeordnet werden und ist zeitlich begrenzt. In Fällen der Gefahrenabwehr darf sie bis zum Ablauf des Folgetags dauern. Im Bereich der Strafverfolgung höchstens 12 Stunden. Wichtig zu wissen ist auch, dass diese Möglichkeit zur Festhaltung und Freiheitsentziehung in Ausnahmefällen sogar gegenüber Zeugen einer Straftat besteht. Aus diesen Gründen ist es ratsam, stets seinen Personalausweis mitzuführen. Dies kann unliebsamen Überraschungen vorbeugen.

 

Darüberhinausgehende Informationen

Die Betroffenen einer Polizeikontrolle werden oft weitergehenden, teilweise auch banal erscheinenden Fragen ausgesetzt. Solche Fragen müssen grundsätzlich nicht beantwortet werden.

 

Ob man also weitergehende Fragen beantwortet, kann man selbst entscheiden. Man sollte sich aber die Frage stellen, ob eine starke Verweigerungshaltung zu einer Deeskalation der Situation beiträgt. Freundlichkeit löst auch hier viele Probleme.

 

Etwas anderes gilt natürlich dann, wenn man selbst einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verdächtigt wird oder sich durch die Beantwortung dieser Fragen zumindest der Gefahr aussetzt, in Verdacht zu geraten. Wer verdächtigt wird, ist nicht dazu verpflichtet, Fragen zu beantworten, die über die Personalien hinausgehen. In diesen Fällen ist Schweigen Gold! Und als Zeuge muss man übrigens erst dann aussagen, wenn die Staatsanwaltschaft eine Vernehmung angeordnet hat, davor aber nicht.

 

 

Es besteht keine Pflicht, einen Atemalkoholtest zu machen, da niemand aktiv an seiner eigenen Überführung mitwirken muss. Das Gleiche gilt für Drogen-Urintests.“

 

 

Verkehrskontrollen

Der wohl häufigste Kontakt zur Polizei spielt sich in Verkehrskontrollen ab, die die Straßenverkehrsordnung sogar ohne Anlass erlaubt. Die Kompetenzen der Polizei sind in diesem Fall sehr weit.

 

Die Verkehrskontrolle umfasst regelmäßig die Überprüfung der Verkehrssicherheit des Fahrzeugs und die „Verkehrssicherheit“ des Fahrzeugführers.

 

Die Polizei darf die Herausgabe des Führerscheins verlangen und ihn kontrollieren. Sie darf sich außerdem auch Warnweste, Warndreieck und Verbandkasten vorzeigen lassen. Für all diese Dinge hat der Autofahrer eine gesetzliche Mitführungspflicht. (Übrigens: Es steht nirgendwo geschrieben, dass Verbandskasten etc. im Kofferraum sein müssen. Bewahrt man sie z.B. im Fußraum der Rücksitze auf und kann sie so vorzeigen, muss man den Kofferraum bei einer Kontrolle nicht öffnen, denn dafür bräuchte die Polizei einen Durchsuchungsbeschluss.)

 

„Haben Sie etwas getrunken?“

Eine beliebte Frage im Rahmen von Verkehrskontrollen lautet: „Haben Sie etwas getrunken?“. Diese Frage muss nicht beantwortet werden. Letztlich wird es ohnehin keine Rolle spielen, ob man sie beantwortet oder nicht. So oder so wird man danach meist darum gebeten, einen Atemalkoholtest durchzuführen. Auch hier gilt: Es besteht keine Pflicht, einen Atemalkoholtest zu machen, da niemand aktiv an seiner eigenen Überführung mitwirken muss. Das Gleiche gilt für Drogen-Urintests. Bestehen jedoch konkrete Anhaltspunkte, die den Verdacht begründen, dass der Fahrer unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen stehen könnte, kann und wird die Polizei eine ärztliche Blutentnahme veranlassen. Dies muss der Fahrer dann dulden.

 

Was kann man tun, wenn die Polizei ihre Grenzen überschreitet?

In der konkreten Situation vor Ort hat man nur wenige Möglichkeiten:

 

Zunächst sollte man sich den Ausweis der Polizeibeamten zeigen lassen, um im Nachgang die Beamten auch konkret benennen zu können. In einigen Bundesländern sind die Polizeibeamten sogar gesetzlich dazu verpflichtet. Darüber hinaus sollte man ruhig, aber deutlich äußern, dass man die vorgenommene Maßnahme für rechtswidrig hält und darauf bestehen, dass dies auch entsprechend dokumentiert wird.

 

Auf keinen Fall sollte man sich jedoch mit Gewalt oder Drohungen gegen die polizeiliche Maßnahme wehren. Denn dann besteht das Risiko, sich wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte strafbar zu machen. Diese Delikte werden regelmäßig streng geahndet.

 

Polizeiliche Maßnahmen sind aber selbstverständlich gerichtlich überprüfbar. Wenn sie rechtswidrig waren, können auch entsprechende Entschädigungsansprüche für den Betroffenen bestehen.

 

Sofern man also im Zusammentreffen mit der Polizei das Gefühl haben sollte, dass die Beamten nicht im Rahmen ihrer gesetzlichen Erlaubnis handeln, sollte man einen Anwalt hinzuziehen.

 

 

„[Man sollte] ruhig, aber deutlich äußern, dass man die vorgenommene Maßnahme für rechtswidrig hält und darauf bestehen, dass dies auch entsprechend dokumentiert wird.“

 

 

DANIELA DOMJAN

DANIELA DOMJAN

ist Rechtsanwältin in München. Im Jahr 2020 gründete sie ihre eigene Kanzlei. Ihre Kanzlei bietet bundesweite Strafverteidigung und Beratung in allen Bereichen des Strafrechts.

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