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Die Kündigung im Arbeitsrecht

 

Laut einer Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales wurden 178.797 Kündigungsschutzklagen im Jahr 2019 bei deutschen Arbeitsgerichten eingereicht. Doch unter welchen Voraussetzungen ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses überhaupt rechtlich zulässig? Was müssen Arbeitgeber unbedingt beachten? Und was kann ich als Arbeitnehmer tun, wenn ich der Meinung bin, dass mir zu Unrecht gekündigt wurde?

 

Der folgende Beitrag befasst sich mit den Voraussetzungen einer wirksamen arbeitsrechtlichen Kündigung und weist auf mögliche „Stolperfallen“ für Arbeitgeber hin. Im zweiten Teil wird die Perspektive gewechselt und aufgezeigt, wie sich Arbeitnehmer gegen Kündigungen verteidigen können.

 

 

WAS ARBEITGEBER BEACHTEN MÜSSEN:

Welche Formalitäten muss ich als Arbeitgeber einhalten?

Arbeitgeber müssen unbedingt darauf achten, dass jede Kündigung schriftlich erklärt wird, also auf Papier und eigenhändig unterschrieben. Missachtet ein Arbeitgeber diese Vorgabe, ist die Kündigung automatisch unwirksam.

 

Auch sollte der Arbeitgeber wissen, dass die Kündigung nicht durch eine x-beliebige Person ausgesprochen werden kann. Da – insbesondere in großen Unternehmen – der Arbeitgeber natürlich nicht jede Kündigung selber aussprechen kann, reicht es zum Beispiel aus, wenn er den Personalleiter hierfür beauftragt.

 

Die Kündigung wird zudem erst dann wirksam, wenn der Arbeitnehmer hiervon tatsächlich Kenntnis nehmen kann, beispielsweise weil sie in seinem Briefkasten landet. Um als Arbeitgeber auf Nummer sicher zu gehen, bietet es sich an, die Kündigung persönlich zu übergeben oder per Einschreiben zu versenden. Besteht im Betrieb ein Betriebsrat, muss dieser vor einer jeden Kündigung ordnungsgemäß angehört werden.

 

Inhaltliche Anforderungen einer Kündigung

Das Einhalten dieser Formalien alleine reicht natürlich nicht aus. Kern der Wirksamkeitsprüfung einer Kündigung ist das Vorliegen eines Kündigungsgrundes. Ein solcher soll den Arbeitnehmer vor einem willkürlichen Verlust seines Arbeitsplatzes schützen.

 

Dabei ist grundsätzlich zwischen ordentlichen und außerordentlichen Kündigungen zu unterscheiden. Bei einer ordentlichen Kündigung endet das Arbeitsverhältnis erst nach der vereinbarten oder durch das Gesetz bestimmten Kündigungsfrist, bei außerordentlichen Kündigungen dagegen sofort (deshalb auch oft „fristlose Kündigung“).

 

Wann darf ich als Arbeitgeber ordentlich kündigen?

In Deutschland werden Arbeitnehmer bei ordentlichen Kündigungen durch das Kündigungsschutzgesetz geschützt. Sobald das Arbeitsverhältnis seit sechs Monaten besteht und der Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, wird dieses Gesetz angewendet.

 

Eine Kündigung ist dann nur noch möglich, wenn einer der im Kündigungsschutzgesetz benannten Gründe gegeben ist. Diese unterteilen sich in personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Gründe. Doch was hat man sich unter diesen doch sehr abstrakten Begriffen vorzustellen? Hier einige Beispiele:

 

  • Verhaltensbedingt: häufiges Zuspätkommen, Mobbing anderer Arbeitnehmer, eigenmächtiger Urlaubsantritt
  • Personenbedingt: Krankheit (unter sehr strengen Voraussetzungen), Verlust der Arbeitserlaubnis bei Ausländern
  • Betriebsbedingt: Betriebsstilllegung, Abbau von Arbeitsplätzen aufgrund eines Umsatzrückgangs

 

Das Bestehen eines Kündigungsgrundes allein rechtfertigt aber noch keine Kündigung des Arbeitnehmers. Insbesondere bei verhaltensbedingten Kündigungen muss dem Arbeitnehmer die Möglichkeit gegeben werden, sein Verhalten in der Zukunft zu ändern. Der Arbeitgeber muss also den Arbeitnehmer – gegebenenfalls mehrfach – abmahnen und ihn zu einem ordnungsgemäßen Verhalten auffordern. Zudem darf die Kündigung immer nur das letzte Mittel sein. Besteht eine Möglichkeit, den Arbeitnehmer anderweitig im Betrieb einzusetzen oder kann ein für längere Zeit erkrankter Arbeitnehmer wieder eingegliedert werden, muss dies einer Kündigung immer vorgehen! Bei betriebsbedingten Kündigungen besteht noch die Besonderheit, dass eine sog. Sozialauswahl durchzuführen ist. Danach darf – wenn die Wahl zwischen mehreren Arbeitnehmern besteht – nur demjenigen Arbeitnehmer gekündigt werden, der am wenigstens schutzwürdig ist. Beispielsweise kann die Kündigung eines Arbeitnehmers im Vergleich zu einem anderen zulässig sein, weil dieser keine Kinder hat und noch sehr jung ist und somit gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt hat.
In jedem Fall muss umfassend abgewogen werden, ob die Kündigung im Einzelfall auch wirklich verhältnismäßig ist.

 

Doch mit dem Kündigungsschutzgesetz ist in Sachen Arbeitnehmerschutz noch lange nicht Schluss – bestimmte Arbeitnehmergruppen, wie beispielsweise Schwangere, Auszubildende, Betriebsratsmitglieder oder schwerbehinderte Arbeitnehmer werden durch erhöhte Anforderungen an eine Kündigung besonders geschützt.

 

Unter welchen Voraussetzungen ist sogar eine außerordentliche Kündigung möglich?

Wie das Wort „außerordentlich“ schon erkennen lässt, müssen hier ganz besondere Anforderungen erfüllt sein, damit eine solche Kündigung ausgesprochen werden kann. Hier muss ein „wichtiger Grund“ für die Kündigung vorliegen, der insbesondere im Verhalten des Arbeitnehmers liegen kann, wie beispielsweise ein vom Arbeitnehmer begangener Diebstahl im Betrieb. Das Verhalten des Arbeitnehmers muss für den Arbeitgeber hier so schwerwiegend sein, dass dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann, die Person weiter zu beschäftigen. Wie bei der ordentlichen Kündigung muss der Arbeitgeber auch hier überprüfen, ob eine Abmahnung oder möglicherweise eine ordentliche Kündigung weniger einschneidend für den Arbeitnehmer wäre und die Kündigung verhältnismäßig ist.

 

Wichtig ist in jedem Fall, dass der Arbeitgeber, sobald er von dem Kündigungsgrund Kenntnis erlangt, nur zwei Wochen Zeit hat, um die Kündigung zu erklären. Der Arbeitgeber muss bei dem Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung also schnell reagieren!

 

Fazit

Arbeitnehmer sind in Deutschland insbesondere durch das Kündigungsschutzgesetz vor Kündigungen geschützt. An dessen Vorgaben müssen sich Arbeitgeber zwingend halten. Und auch wenn ein Arbeitnehmer durch sein Verhalten grundsätzlich einen Anlass zu einer Kündigung gibt, bedarf es stets einer sorgfältigen Einzelfallprüfung, ob eine vorzeitige Beendigung des Anstellungsverhältnisses gerechtfertigt ist. Es gilt: Die Kündigung ist nach dem Gesetz immer nur das letzte Mittel.

 

 

WAS ARBEITNEHMER WISSEN SOLLTEN:

Nachdem bereits geklärt wurde, was ein Arbeitgeber bei einer Kündigung beachten muss, soll nun die Perspektive des Arbeitnehmers eingenommen werden. Was muss ich als Arbeitnehmer tun, wenn ich der Meinung bin, dass mir zu Unrecht gekündigt wurde? Und was muss ich in jedem Fall bei einer Kündigung veranlassen?
Erstes Überprüfen der Kündigung

Sobald der Arbeitnehmer die Kündigung erhalten hat, sollte er die Kündigung auf verschiedene Aspekte prüfen. Auch wenn es in der Regel unentbehrlich ist, einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen, gibt es bestimmte Punkte, die der Arbeitnehmer vorab selbst überprüfen kann.

 

Eine Kündigung ist nur wirksam, wenn sie schriftlich erklärt wird, also auf Papier und eigenhändig unterschrieben. Kündigungen, die mündlich, per Fax oder E-Mail erklärt werden sind von vornherein unwirksam.

 

Eine Kündigung ist nur wirksam, wenn sie schriftlich erklärt wird, also auf Papier und eigenhändig unterschrieben. Kündigungen, die mündlich, per Fax oder E-Mail erklärt werden sind von vornherein unwirksam.

 

Da die Kündigung nicht durch eine x-beliebige Person ausgesprochen werden darf, muss auch die zur Kündigung berechtigte Person unterschreiben. Das kann beispielsweise der Leiter der Personalabteilung sein. Ist die Kündigung von einer Person unterschrieben, die hierzu nicht berechtigt ist, kann der Arbeitnehmer die Kündigung spätestens innerhalb einer Woche zurückweisen. Bestehen Zweifel an der Berechtigung sollte sie vorsorglich zurückgewiesen und gegebenenfalls ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden.

 

Sobald im Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind und das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate bestand, ist das Kündigungsschutzgesetz anwendbar. Ist das der Fall, kann der Arbeitgeber nur dann kündigen, wenn ein Kündigungsgrund gegeben ist. Hierbei gelten zum Schutz des Arbeitnehmers strenge Anforderungen. Auch ohne rechtliche Fachkenntnisse lässt sich die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes für den Laien oftmals leicht prüfen.

 

Ein weiterer Punkt, der zur Unwirksamkeit einer Kündigung führen kann, ist die fehlende Beteiligung des Betriebsrates. Dieser muss vor jeder Kündigung angehört bzw. beteiligt worden sein. Hier kann es sinnvoll sein, auf den Betriebsrat zuzugehen, um weitere Informationen über die Gründe der Kündigung zu erfahren.

 

Bestimmte Arbeitnehmergruppen, wie Schwangere oder schwerbehinderte Menschen haben unter gewissen Voraussetzungen besonderen Kündigungsschutz. Sofern ein Arbeitnehmer einen Umstand, der einen besonderen Kündigungsschutz begründet, dem Arbeitgeber noch nicht angezeigt hat, muss dies schnellstmöglich geschehen, um sich auf diese Schutzvorschrifte berufen zu können.

 

Zudem sehen teilweise auch Arbeitsverträge, Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen besondere Kündigungsverbote oder spezielle Kündigungsfristen vor. Auch dies ist in jedem Einzelfall unbedingt zu überprüfen.

 

Erhebung einer Kündigungsschutzklage

Wenn der Arbeitnehmer, bestenfalls nach eingehender Beratung durch einen Rechtsanwalt, der Auffassung ist, dass die Kündigung unwirksam ist, beispielsweise weil es an einem Kündigungsgrund fehlt, muss er schnell reagieren. Das Gesetz sieht vor, dass die Kündigung wirksam wird, wenn nicht innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Ausspruch der Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erhoben wird. Achtung: Auch eine fehlerhafte Kündigung kann mit diesem Fristablauf wirksam werden!

 

Was muss ich noch tun?

Wenn nicht unmittelbar zum Ablauf der Kündigungsfrist die Möglichkeit einer weiteren Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber besteht, muss sich ein Arbeitnehmer bei der Agentur für Arbeit innerhalb von drei Tagen nach Erhalt der Kündigung arbeitssuchend melden. Das ist auch notwendig, wenn eine Kündigungsschutzklage erhoben wird. Die Fristen zur Meldung sollten unbedingt eingehalten werden, da ansonsten die Bezüge gekürzt werden können.

 

In jedem Fall sollte ein Arbeitnehmer ein Zwischenzeugnis anfordern, um möglichst wenig Zeit in der Bewerbungsphase zu verlieren.

 

Abschließend noch ein Hinweis zu Aufhebungsverträgen: Auch wenn diese attraktive Regelungen zu Abfindungen und guten Zeugnissen enthalten können, kann hier eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld drohen. Solche Verträge sollten daher nicht vorschnell abgeschlossen werden und bestenfalls durch einen im Arbeitsrecht spezialisierten Anwalt vorab überprüft werden.

 

Fazit

Nicht jede durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung ist wirksam. Arbeitnehmer können selbst gleich nach Erhalt der Kündigung diese auf bestimmte Formalitäten überprüfen. Da aber der Erfolg einer Kündigungsschutzklage im Einzelfall von vielen verschiedenen Faktoren abhängt, ist es ratsam, bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Kündigung anwaltliche Hilfe hinzuzuziehen.

 

 

DR. SONJA BRITZKE

ist Volljuristin und wird ab Juni 2021 als Rechtsanwältin im Arbeitsrecht in Düsseldorf tätig sein.

 

Bereits im Studium und Referendariat legte sie ihren Schwerpunkt auf das Arbeitsrecht.

 

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