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Vorsorgedokumente

 

Staatlich festgelegte Rechtsfolgen oder selbstbestimmte Vorsorge?

 

Vollmacht

Kurz die schlechte Nachricht vorab: In Deutschland gibt es kein generelles Angehörigenvertretungsrecht. Das bedeutet: bist du, aus welchen Gründen auch immer, vorübergehend handlungsunfähig, dann gibt es niemanden, der dich vertreten kann. Weder in Gesundheitsfragen noch in Rechts-, Vermögens-, Renten- oder Sozialversicherungsangelegenheiten oder auch in Wohnungs- oder Aufenthaltsangelegenheiten. Nein, auch nicht deine Eltern (sobald du volljährig bist), deine Geschwister oder dein Ehepartner. Ohne Schweigepflichtentbindung dürfen deine Angehörigen nicht einmal über deinen Gesundheitszustand aufgeklärt werden! Ab 2023 wird es wohl ein sogenanntes Ehegattennotvertretungsrecht geben, dieses gilt dann für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner, ist aber zeitlich begrenzt und gilt auch nur für den medizinischen Bereich.

 

Was bedeutet das? Wenn du möchtest, dass dich eine Vertrauensperson im Notfall – oder auch einfach mal auf deine Weisung hin – vertreten kann, dann musst du eine Vollmacht erstellen. Diese wird oft auch je nach Ausprägung als Vorsorgevollmacht oder Generalvollmacht bezeichnet. Wen du dabei als deinen Bevollmächtigten auswählst, bleibt ganz allein dir überlassen; es kann, muss aber kein direkter Angehöriger sein. Du kannst auch deine beste Freundin/deinen besten Freund oder den Anwalt deines Vertrauens bevollmächtigen. Egal wen du auswählst, das Wichtigste ist ein ausgeprägtes Vertrauensverhältnis, denn mit einer Vollmacht gibst du deinem Bevollmächtigten weitreichende Handlungsmöglichkeiten. Unter Umständen macht es auch Sinn, einen Ersatzbevollmächtigten zu benennen, falls dein Hauptbevollmächtigter selbst mal nicht „einsatzfähig“ ist.

 

Bei der Ausgestaltung der Vollmacht hast du die volle Gestaltungsfreiheit, einer individuellen Lösung sind nur wenig Grenzen gesetzt. Neben der Vollmacht empfiehlt es sich, einen Vertrag zur Vollmacht zu erstellen, welcher die genauen “Spielregeln“ für den Gebrauch der Vollmacht festhalten sollte, dann ist das Missbrauchsrisiko auch unter Kontrolle. Und falls sich dein Vertrauensverhältnis zu deinem Bevollmächtigten mal verändert, kannst du die Vollmacht natürlich jederzeit widerrufen.

 

Entscheidest du dich gegen eine Vollmachtserteilung, so muss im Fall deiner Handlungs-/ Geschäftsunfähigkeit zunächst ein Betreuungsgericht eingeschaltet werden. Dieses Betreuungsgericht wird dann entweder einen deiner Angehörigen oder einen Berufsbetreuer als deinen Betreuer bestellen. Du bist also natürlich nicht rechtlos gestellt, es dauert nur deutlich länger, bevor jemand deine Angelegenheiten regeln kann; und nicht du selbst entscheidest, wer dich vertritt, sondern ein Gericht. Dabei kannst du nie sicher sein, ob das Betreuungsgericht auch die Person auswählt, die du dir gewünscht hättest.

 

Natürlich kannst du auch eine Betreuungsverfügung erstellen. Diese stellt einen Hinweis an das im Notfall eingeschaltete Betreuungsgericht dar, wen du dir als deinen Betreuer wünschst. Da es sich nur um einen Hinweis von dir handelt, ist das Gericht allerdings nicht an die Verfügung gebunden. In der Praxis bestellt das Gericht jedoch häufig die im Hinweis gewünschte Person.

 

„In Deutschland gibt es kein generelles Angehörigenvertretungsrecht. Das bedeutet: bist du, aus welchen Gründen auch immer, vorübergehend handlungsunfähig, dann gibt es niemanden, der dich vertreten kann.“

 

Patientenverfügung

Hast du eine Vollmacht, umfasst diese in der Regel auch den Auftrag an deine Bevollmächtigten, dich in allen Gesundheitsfragen zu vertreten, wenn du dazu selbst nicht in der Lage bist, zum Beispiel wegen Bewusstlosigkeit oder schwerer Krankheit. Das bedeutet: deine Bevollmächtigten können dann zum Beispiel entscheiden, wo und wie du behandelt werden sollst. Aber im Zweifelsfall dürfen oder müssen sie (und ich sage das ganz bewusst) auch eine Entscheidung über Leben und Tod treffen.

 

Aber möchte man das wirklich? Sollen eure Vertrauenspersonen sich für oder gegen lebenserhaltende Maßnahmen entscheiden müssen? Falls deine Bevollmächtigten deine aktuelle Einstellung zu lebenserhaltenden Maßnahmen ganz genau kennen – gut. Aber kann man sich da immer so sicher sein? Und welche psychische Belastung bedeutet die Entscheidung für Angehörige?

 

Wenn du deinen Vertrauenspersonen die Entscheidung für oder gegen lebenserhaltende Maßnahmen abnehmen willst, und damit über Leben oder Tod, dann solltest du zusätzlich zu der Vollmacht eine Patientenverfügung erstellen. Mit dieser legst du fest, wie du in einer medizinisch aussichtslosen Situation behandelt werden willst. Das beinhaltet dann bestenfalls nicht nur die Entscheidung über lebenserhaltende Maßnahmen, sondern auch Regelungen zu dem Thema Organspende, Palliativbehandlung, Beistandswünsche im Sterbeprozess, Hinweise zu Vorerkrankungen oder Hinweise zu bevorzugten Orten für die Sterbebegleitung.

 

Testament

Ob ein Testament für dich sinnvoll ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zunächst sollte dir klar sein, was es bedeutet, wenn du kein Testament erstellst: es gilt dann die gesetzliche Erbfolge.

 

Wie diese in deinem persönlichen Fall aussieht, hängt damit zusammen, ob du verheiratet bist, ob du Kinder hast und wenn ja, wie viele. Es gibt Fälle, da ist diese gesetzliche Erbfolge dann völlig in Ordnung. Problematisch wird es aber spätestens, wenn man zum Beispiel ohne Trauschein in einer Partnerschaft lebt, man geschieden ist, Pflegekinder hat, ein behindertes Kind hat oder eine Patchworksituation vorliegt.

 

Oftmals macht es in der klassischen Familiensituation durchaus Sinn darüber nachzudenken, den jeweils länger lebenden Ehegatten wechselseitig zunächst im Rahmen eines Berliner Testaments als Voll- oder Vorerben einzusetzen. Aber auch hier sollten steuerliche Aspekte immer im Auge behalten werden, sodass Steuerfreibeträge bestmöglich ausgenutzt werden. Eine fachkundige Beratung ist in diesem Bereich unerlässlich!

Sorgerechtsverfügung

Im Rahmen einer Testamentserstellung sollten Eltern minderjähriger Kinder unbedingt an die Erstellung einer Sorgerechtsverfügung denken. Mit einer solchen können Eltern festlegen, wer als Vormund bestellt werden soll, wenn sie einmal selbst vorübergehend (z. B. wegen Krankheit) oder dauerhaft (Tod) nicht in der Lage sind, das Sorgerecht auszuüben. Ehepartner können diese Verfügung gemeinsam erstellen, unverheiratete oder geschiedene Eltern müssen die Verfügung einzeln verfassen, es gilt dann immer die Verfügung des Längerlebenden.

Zusammenfassung

Nach dieser kleinen Reise durch die wichtigsten Vorsorgethemen ist es mir ein persönliches Anliegen, noch einmal ganz deutlich zu machen, dass es bei diesen Themen immer nicht nur um dich selbst geht, sondern vor allem darum, die eigenen Vertrauenspersonen zu entlasten, ihnen für den Notfall wirksame und direkte Handlungsmöglichkeiten an die Hand zu geben und durch eine frühzeitige Nachlassregelung die Erbfolge herbeizuführen, die man sich selbst vorstellt. Ab Volljährigkeit, aber spätestens bei Eheschließung oder Familiengründung, solltet ihr die Erstellung auf der Agenda haben.

 

 

MARA KALTENBORN

ist Rechtsanwältin und als solche spezialisiert auf Vorsorgethemen und Pferderecht.

 

Dabei ist es ihr im Bereich der Vorsorgethemen besonders wichtig, auch jüngere Menschen für die verschiedenen Themenbereiche zu sensibilisieren, Aufklärungsarbeit zu leisten und Menschen bei der Umsetzung ihrer eigenen Vorsorge zu unterstützen.

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