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Passen Recht und Digitalisierung zusammen?

Cover Interview Solmecke
INTERVIEW mit Christian Solmecke über Internet- und Medienrecht.
LL: Lieber Christian, man liest Deinen Namen ja ziemlich oft in den verschiedensten Formaten. Könntest Du vielleicht trotzdem noch einmal kurz erklären, wer Du eigentlich bist und was Du machst?

CS: Ich bin Christian Solmecke (47 Jahre) Rechtsanwalt und Partner der Kölner Medienrechtskanzlei Wilde Beuger und Solmecke. Diesen Spruch kennt man vermutlich aus unseren YouTube-Videos. In der Regel beginnt jedes Video damit und wir haben schon einige Bekanntheit erlangt. Über 700.000 Menschen haben unseren YouTube-Kanal in den letzten 10 Jahren abonniert und wir haben über 120 Millionen Videoaufrufe.

 

Im Kerngeschäft beschäftigt sich unsere Kanzlei mit dem Internet- und Medienrecht, mittlerweile haben wir allerdings auch 25 Anwälte, die auch im Arbeitsrecht, Gesellschaftsrecht und Wettbewerbsrecht hochspezialisiert sind.

 

LL: Du bist ja auch sehr aktiv in YouTube und hast dort sogar Europas größten Rechtskanal. Ähnlich wie wir von Legal Layman schaffst Du also einen Zugang zu Recht für Nichtjuristen. Was treibt Dich dazu an?

CS: Ich habe mir mein Jurastudium als Nachrichtensprecher für den Hörfunksender WDR2 verdient, daher lag bei mir der Journalismus schon immer im Blut. Das was ich aus Leidenschaft seit eh und je gemacht habe, habe ich dann auch auf den Anwaltsjob übertragen. Ich bemühe mich den Leuten komplexe juristische Sachverhalte so einfach und kurz wie möglich zu vermitteln. YouTube ist das perfekte Medium dafür, und der Erfolg gibt uns, glaube ich, auch recht.

 

LL: Was meinst Du: Was sollten „normale Nichtjuristen“ über Internet- und Medienrecht wissen? Gibt es typische Beispiele, was viele überhaupt nicht wissen oder falsch verstehen?

CS: Was ich in der letzten Zeit im Internet erlebe ist, dass Privatmenschen plötzlich Abmahnungen für Dinge bekommen, die einfach vor dem Internetzeitalter undenkbar waren. Hier werden Bilder bei Facebook kopiert und neu veröffentlicht, Videos ohne Lizenz bei YouTube hochgeladen oder Menschen öffentlich beleidigt.

 

Manchmal kann es sinnvoll sein, vor einer Handlung im Internet kurz innezuhalten und sich zu fragen: Habe ich eigentlich das Recht an den Inhalten, die ich hier poste oder was wür-de ich selbst sagen, wenn man das über mich verbreiten würde, was ich hier verbreite? Mit diesen einfachen Mechanismen könnte man vermutlich schon viele Rechtsstreitigkeiten im Internet vermeiden.

 

„Manchmal kann es sinnvoll sein, vor einer Handlung im Internet kurz innezuhalten und sich zu fragen: […] Was würde ich selbst sagen, wenn man das über mich verbreiten würde, was ich hier verbreite?“

 

LL: Spätestens seit Corona wird die Digitalisierung ja zwangsläufig immens vorangetrieben. Zeichnen sich hier bestimmte Entwicklungen ab? Hast Du diesbezüglich Positiv- bzw. Negativ-Beispiele?

CS: Wir haben festgestellt, dass auch unsere eigene Kanzlei durch Corona eine heftige Digitalisierung durchgemacht hat. Meine 80 Mitarbeiter arbeiten jetzt seit fast einem Jahr aus dem Homeoffice. Wir betreiben ja mit legalvisio.de eine eigene cloudbasierte Kanzleisoftware (mit der mittlerweile auch 40 andere Kanzleien arbeiten). Dadurch war es uns möglich, vollkommen ortsunabhängig die Schriftsätze zu verfassen, und mit den Mandanten zu kommunizieren. Das war sehr kräftezehrend, aber letztlich auch ein großer Schub für unsere eigene Digitalisierung. Vor Corona hatten wir überlegt, dass die Mitarbeiter einen Tag pro Woche im Homeoffice arbeiten dürfen. Aktuell überlegen wir, ob die Mitarbeiter künftig wenigstens an einem Tag in der Kanzlei vorbeischauen. Das ist schon erheblicher Wandel.

 

LL: Wie passen Recht und Innovation eigentlich zusammen? Glaubst Du, dass uns das Recht im Bereich der Digitalisierung in so mancher Hinsicht einschränkt? Ist das notwendig oder werden hier dringend Änderungen benötigt?

CS: Prinzipiell schreitet die Digitalisierung in Deutschland gut voran. Es mangelt eher an Mut seitens der Venture-Capital-Geber, die junge Startups mit Geld ausstatten. Das ist in den Vereinigten Staaten von Amerika erheblich einfacher. Ich glaube nicht, dass es an mutigen Startups mangelt, es sind eher die Gelder, die fehlen.

 

Rechtlich steht auch hier einem innovativen Denken nichts im Wege. Selbst das Datenschutzrecht ist letztlich flexibel genug, um die meisten Geschäftsmodelle gut verwirklichen zu können. Und wir haben ja gesehen, dass der Staat Kalifornien das europäische Datenschutzrecht in großen Teilen übernommen hat, insofern kann das kaum als Verhinderer, sondern eher als Exportschlager bezeichnet werden.

 

Und auch im Recht selbst gibt es immer wieder Innovationen. Wir nutzen in unserer Kanzlei beispielsweise sehr smarte Software, um Dokumente noch besser zu analysieren und Schriftsätze schneller und passgenauer zu erstellen. Auch das ist ein großer Fortschritt, sowohl für uns als auch für unsere Mandanten, denn letztlich können wir so unsere Leistungen auch preisgünstiger und mit einer höheren Qualität anbieten.

 

LL: Wenn Du einen Wunsch für die Zukunft des Internet- und Medienrechts frei hättest, welcher wäre es? Und warum?

CS: Meiner Meinung nach muss das Urheberrecht weiter liberalisiert werden. Die Menschen lechzen geradezu danach, sogenannte Mashups zu erstellen, also zum Beispiel zwei Videos ineinander zu mischen, um daraus ein Neues zu machen. Das alles ist aktuell verboten und dafür müssen Modelle für die Zukunft her. Das wird eine große Aufgabe sein, denn auch die Kreativen, also die Urheber, müssen dafür jeweils entschädigt werden. Ich hoffe, dass hier die Politik künftig innovative Lösungen finden wird.

 

LL: Dann hoffen wir natürlich, dass Dein Wunsch in Erfüllung geht! Vielen Dank für das Interview, Christian.

 

„Rechtlich steht […] einem innovativen Denken nichts im Wege. Selbst das Datenschutzrecht ist letztlich flexibel genug, um die meisten Geschäftsmodelle gut verwirklichen zu können.“

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