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Generalisten werden gebraucht!

Der moderne Berater als Kompass im Paragrafendschungel

 

Stellen Sie sich vor, Sie wachen am Morgen mit einem diffusen flauen Gefühl im Magen auf. Sie spüren, da stimmt was nicht. Was machen Sie dann? Sie vereinbaren bei Ihrem Hausarzt einen Termin, um abchecken zu lassen, was es sein könnte. Braucht der Hausarzt weitergehende Expertise, wird er Sie an einen Spezialisten überweisen.

 

Und genau dieses flaue Gefühl haben auch viele Menschen auf dem Gebiet des Rechts. Sei es der Verbraucher beim Kauf einer hochwertigen Ware über eine Angebotsplattform wie eBay oder aber der Geschäftsführer vor der Anstellung eines Vertriebsmitarbeiters. Oder ist das doch eher ein selbständiger Handelsvertreter? Schon tut sich ein mulmiges Gefühl auf und man hätte gerne einen fachkundigen Rat.

 

Lebenslage statt Einzelproblem

Genauso wie beim Arzt empfiehlt sich hier der Gang zum juristischen Generalisten. Darunter versteht man einen Rechtsanwalt, der in seiner fachlichen Ausrichtung besonders breit aufgestellt ist. Das ist nicht zu verwechseln mit einer Kanzlei, die schlicht alles macht, um umsatzmäßig über die Runden zu kommen. Der moderne Generalist bietet eine ganzheitliche Beratung für bestimmte „Lebenslagen“ an. Lebenslagen sind dabei ganze Bereiche eines Lebens und nicht detaillierte Einzelprobleme. Also nicht der tausendste Verkehrsunfall, sondern „Beratung rund um das Automobil“, vom Kaufrecht, über Versicherungsrecht, Schadensersatzrecht bis zum Ordnungswidrigkeitenrecht. Das kann auch der Generalist sein, der in der Lebenslage „Unternehmen“ berät. Dort deckt er das Gesellschaftsrecht ab, wenn es um die Gründung eines Start-Ups geht oder den Wechsel der Gesellschaftsform. Weiter kümmert er sich im Arbeitsrecht um die Erstellung der benötigten Verträge. Schließlich rundet er die Beratung noch mit dem Gewerbemietrecht ab, soweit es um die angemieteten Büros oder Werkhallen geht.

 

Ganzheitliche Koordinierung für den Mandanten

Denn in einer zunehmend digitalisierten und schnelllebigen Welt wünschen sich gerade Verantwortliche in Wirtschaftsbetrieben eine einheitliche Anlaufstelle für Ihre Bedürfnisse. Dort wird dann selbständig die benötigte Lösung erarbeitet. Diese ganzheitliche Koordinierungsstelle ist der moderne Generalist. Dieser weiß, „wo der Schuh drückt“, weil er entsprechend vielseitige Erfahrungen in der Lebenslage hat. Die Gründung eines Start-Up als Zwei-Mann-GmbH kann der Generalist selbst abwickeln. Die Umwandlung einer GmbH in eine AG oder eine europaweit aufgestellte SE überträgt er als Koordinator einem fachlich noch besser aufgestellten Experten. Dieser Experte wäre im eingangs genannten Beispiel der Facharzt.

 

„Der Generalist hat den Einblick ins Unternehmen, den Überblick über die Bedürfnisse und den Weitblick, welche Spezialisten gebraucht werden.“

 

 

Die Vorteile liegen dabei klar auf der Hand. Der Auftraggeber muss sich nicht selbst erst einmal Gedanken darüber machen, welcher Fachanwalt für XY jetzt der richtige Ansprechpartner wäre. Wie soll das ein juristischer Laie auch zweifelsfrei zuordnen können. Hinzu kommt, dass die Sachverhalte immer komplexer werden, so dass ein Problem fast immer mehrere juristische Teilbereiche berührt. Dann kann es auch passieren, dass der Fachanwalt für XY in seinem kleinen Teilbereich eine hervorragende Antwort liefert, aber ansonsten mit den Schultern zuckt, weil er ein „Fachidiot“ ist. Nicht falsch verstehen, die fachlichen Spezialisten braucht es für genau diese punktgenaue Expertise. Aber es braucht den Generalisten, der diese Teilexpertisen zusammenfügt, um eine ganzheitliche Lösung für ein Problem anzubieten.

 

Vergleichen Sie die Rolle auch mit einem Dirigenten im Orchester. Der Star-Geiger klingt alleine auch hervorragend. Aber ohne den Dirigenten, der den Star-Geiger an der richtigen Stelle im richtigen Moment einsetzt, wird es nie eine harmonische Sinfonie.

 

Wirkweise am Beispiel Start-Up

Verdeutlichen wir die Funktion eines Generalisten anhand eines alltäglichen Beispiels. Zwei kluge Köpfe haben eine geniale Idee und wollen damit Geld verdienen. Sie denken sich: dafür brauchen wir auch juristischen Rat (immer eine gute Idee!). Wir wollen ein Unternehmen gründen also gehen wir zum Fachanwalt für Gesellschaftsrecht. Auf die Frage, wem dann die Idee gehört, der Gesellschaft oder den Personen, zuckt der Gesellschaftsrechtler mit den Achseln. Nicht sein Bereich. Also zum Fachanwalt für … hm Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz oder Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht? Egal, wohin die beiden gehen, sie werden eine hervorragende Beratung zu ihrem Patent bekommen. Auf die Frage, wie es jetzt eigentlich mit Steuern aussieht, wird ihnen die Türe gezeigt. So steht dann also der Termin beim Fachanwalt für Steuerrecht an. Danach beim Fachanwalt für Mietrecht. Dann noch beim Fachanwalt für Familienrecht, weil ein Ehevertrag gebraucht wird, damit Gesellschaft und Patent nicht bei der zukünftigen Exfrau landen. Es gibt in Deutschland 24 Fachanwaltsrichtungen. Und jeder arbeitet in seinem Bereich auf höchstem Niveau.

 

 

„Vergleichen Sie die Rolle [eines Generalisten] auch mit einem Dirigenten im Orchester. Der Star-Geiger klingt alleine auch hervorragend. Aber ohne den Dirigenten, der den Star-Geiger an der richtigen Stelle im richtigen Moment einsetzt, wird es nie eine harmonische Sinfonie.“

 

 

Aber es braucht einen Berater, der den Überblick für seinen Mandanten behält. Einen Generalisten, der das Große und Ganze im Auge hat. Der im Sinne des Mandanten die Expertisen zusammenbringt und miteinander verknüpft. Denn es ist nicht unüblich, dass eine Expertenmeinung anders ausfällt, wenn der Experte einen Aspekt anders dargestellt bekommt. Der Generalist, der die steuerrechtliche Expertise und die patentrechtliche Expertise für den Mandanten dem Gesellschaftsrechtler auf Augenhöhe vorlegt, kann mit diesem eine ganzheitliche und maßgeschneiderte Lösung für den Mandanten erarbeiten.

 

Das Produkt „Beratung“ wird daher umso besser und vor allem nachhaltiger, je besser die Expertisen unter professioneller Koordination verzahnt werden. Dabei hat der Mandant immer nur einen direkten Ansprechpartner. Der Mandant muss seine Geschichte nicht zehnmal erzählen und zehn Termine wahrnehmen. Er vertraut einem fachlich versierten Partner sein Problem an und erhält am Ende von diesem eine Lösung. Der Generalist hat den Einblick ins Unternehmen, den Überblick über die Bedürfnisse und den Weitblick, welche Spezialisten gebraucht werden.

 

Daher ist der ganzheitliche Generalist, der eine breite und auf Erfahrung basierte Beratung anbietet, ein Zukunftsmodell. Nicht als Konkurrenz zu den Fachanwaltschaften, sondern als deren notwendiges Bindeglied. Ein spannendes Berufsfeld für alle Juristinnen und Juristen, die keine dezidierte Spezialisierung anstreben.

 

 

 

 

HANNES HÖRBER

 

ist seit 2013 Rechtsanwalt in eigener Kanzlei und auch Syndikusrechtsanwalt bei einem Immobilienentwickler in Erlangen.

 

Er berät Start-Ups und etablierte Unternehmen mit einem ganzheitlichen Ansatz zur Lösung komplexer Sachverhalte. Von der Gründung über die Expansion bis zum Verkauf.

 

Sein Motto: Probleme outsourcen – Chancen nutzen!

Die juristische Zeitschrift für Nichtjuristen

Aktuelle Themen, Komplexe Materien.

Einfach und verständlich erklärt.

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