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FELICITAS FAMULLA

FELICITAS FAMULLA

Rechtsreferendarin und Influencerin

Wer bin ich? Ich bin Feli, kurz für Felicitas, 27 und kurz vor dem 2. Staatsexamen. Ich hoffe, mich dieses Jahr nach einer langen Zeit, knapp 9 Jahre in der Ausbildung endlich Volljuristin nennen zu dürfen. Seit knapp einem Jahr bin ich ein bisschen präsent auf Social Media. Noch so eine Influencerin. Ist das nicht zu privat? Verbaust du dir damit nicht alle deine Berufschancen? Warum sprichst du so öffentlich über Niederlagen und Gefühle? Peinlich. Zu persönlich. Unprofessionell. Alles Begriffe, die lange damit verbunden wurden und sicher immer noch hinter meinem Rücken gesprochen werden.

 

Worüber ich spreche? Dass im Jurastudium und Referendariat (über das Berufsleben kann ich ja noch nicht sprechen) nicht alles perfekt läuft. Dass es harte Zeiten gibt. Dass man oft denkt, man könne das alles nicht, sei zu dumm, zu faul, ein/e Versager:in. Uns Jurist:innen wird nachgesagt, dass wir uns für etwas Besseres halten. Und ich glaube, einige denken das wahrscheinlich. Aber viele von uns haben diese Vorurteile satt – und leiden unter dem Performancedruck, dem wir uns selbst (freiwillig) ausgesetzt haben, als wir uns für dieses Studium eingeschrieben haben.

 

Wir dürfen bunt sein, uns beruflich und persönlich entfalten. Das Eine schließt das Andere nicht aus.

 

Es muss immer perfekt laufen. Wie am Schnürchen. Keine Schwäche zeigen. Nicht verletzlich sein. „Fake it until you make it“. Der Weg scheint vorgezeichnet. Ziel: 2 tolle Examina. Dieses Ziel erreichen die wenigsten, es verlangt unglaublich viel Zeit und Fleiß ab – und führt zu Stress und Druck. Den wir uns selbst machen. Wir haben das Gefühl, wir seien nichts wert, wenn wir nicht die besten Noten erreichen. Das Ziel: Großkanzlei. Mehr als sechsstellig im ersten Jahr verdienen. Wenn du das nicht machst, hat sich dein Studium dann überhaupt gelohnt? Karriere machen. In Rekordzeit mit Bestnoten durch das Studium, Auslandserfahrung sammeln und Praktika nur bei den ganz großen Namen. Mit Bestnoten raus aus dem Studium, ab ins Referendariat, danach am besten noch Doktortitel und LL.M an einer namhaften Universität im Ausland.

 

Es wird viel von uns abverlangt und ich möchte das nicht klein reden. Jeder, der sich später Jurist:in nennen darf, hat viel geleistet und geschafft. Nur: Das macht ihn nicht zu einem Menschen, der mehr wert ist als andere. Wir müssen nicht auf andere herunterschauen, um großartige Arbeit zu leisten. Der Karriereweg muss nicht steil nach oben gehen, um uns glücklich und zufrieden zu stellen.

 

Wollen wir nicht von Menschen anwaltlich beraten werden, die einfühlsam, menschlich und nahbar sind und sich in unsere Lage versetzen können? (…) Können wir uns nur mit unserem Wissen und unseren Meinungen durchsetzen, wenn wir möglichst streng, autoritär und hart auftreten?
Es ist Zeit, neue Wege zu beschreiten.

 

Vor meinem ersten Staatsexamen war ich mental und körperlich ein Wrack. „Aber mit 24 ist man zu jung ins Burnout, das kann man erst mit 40 bekommen“, „Denk doch mal positiv“, „Das sind doch nur Stimmungsschwankungen“, „Warum kannst du nicht einfach einmal glücklich und zufrieden sein?“. „Wenn es dir im Examen gut geht, hast du zu wenig gelernt.“ Auf Social Media bekomme ich täglich viele Nachrichten von Nachwuchsjuristen und -Juristinnen, denen es ähnlich geht. Die mir von Schlafstörungen, Panikattacken, Prüfungsangst, Depressionen, Essstörungen und psychosomatischen Erkrankungen berichten. Meiner Meinung nach (und die muss nicht jede:r teilen) ist die Ursache für diese Probleme sicher nicht das Studium, aber dieses Studium bringt vieles zum Ausdruck, was in einem anderen beruflichen Umfeld vielleicht nicht ausgebrochen wäre.

 

Sobald man dies „öffentlich“ macht, ist man vielleicht „einfach zu schwach für dieses Studium“. Schließlich müssen wir da alle durch. Aber zu welchem Preis? Zeugt es nicht von echter Stärke, zu seinen Schwächen und Niederlagen zu stehen? Anderen damit Mut zu machen, von persönlichen Misserfolgen und Zweifeln zu erzählen? Macht uns das nicht nahbar, sympathisch und menschlich? Müssen wir grauen Juramenschen sein, die Tag und Nacht vor Büchern und PCs sitzen, immer blass sind, weil sie kaum vor die Tür kommen und das Lachen verlernt haben? Dürfen wir nicht bunte Charaktere sein, diese nach außen tragen und eigene, verschiedene Persönlichkeiten haben? Müssen wir uns verbiegen und klein halten, nur um „Erfolg“ zu haben? Ist es nicht Zeit für ein Umdenken?

 

Wollen wir nicht von Menschen anwaltlich beraten werden, die einfühlsam, menschlich und nahbar sind und sich in unsere Lage versetzen können? Von denen wir wissen, dass nicht immer alles glatt gelaufen ist und sie trotzdem weitergemacht haben? Können wir uns nur mit unserem Wissen und unserer Meinung durchsetzen, wenn wir möglichst streng, autoritär und hart auftreten? Es ist Zeit, neue Wege zu beschreiten. Charakter und Persönlichkeit zu zeigen. Mit den Worten von Anna Murk: „Von Humor schrumpft das Hirn nicht“. Genauso wenig schrumpft es von Persönlichkeit und Authentizität. Steht zu euren Schwächen. Nicht jede:r ist der/die geborene Rednerin. Nicht jede:r schreibt gerne lange, wissenschaftliche Texte. Nicht jede:r strebt eine Laufbahn in der Wirtschaft an, nicht jede:r in der Justiz. Wir dürfen bunt sein, uns beruflich und persönlich entfalten. Das Eine schließt das Andere nicht aus. Natürlich verlangt uns unsere Ausbildung und später unser Berufsleben viel ab, aber es sollte niemals den Kern unserer Persönlichkeit darstellen. Wir sind so viel mehr.

 

 

 

 

 

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