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Pauschalreisen – Welche Rechte habe ich?

Viele Menschen sehnen sich nach Sonne, Strand und Meer. Hierfür sind sie bereit, tief in die Tasche zu greifen. Umso größer sind Enttäuschung und Ärger, wenn der Urlaub nicht dem entspricht, was der Webauftritt oder der Hochglanzprospekt versprachen.

Obwohl seit langem totgesagt, erfreuen sich Pauschalreisen in Deutschland immer noch großer Beliebtheit. Nachfolgend werden daher die wesentlichen Eckpfeiler des Pauschalreiserechts aus Urlaubersicht dargestellt.

 

Was ist eigentlich eine Pauschalreise?

Werden mindestens zwei unterschiedliche Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise zu einem Paket geschnürt, spricht man von einer Pauschalreise. Als Reiseleistungen gelten die Personenbeförderung, die Beherbergung außer für Wohnzwecke, die Vermietung von PKW oder Motorrädern und sogenannte „touristische Leistungen“. Hierunter fallen beispielsweise Eintrittskarten für Konzerte, Führungen und Exkursionen oder die Vermietung von Sportgeräten.

 

Beispiel:
  • Flug nach Mallorca und 1 Woche Hotel
  • Busfahrt nach Hamburg und Besuch eines Musicals
  • Ferienhaus in den Bergen und Mietwagen

 

Zusammengestellt wird dieses Leistungspaket vom Reiseveranstalter. Dieser muss sicherstellen, dass die Reise so erbracht wird, wie es vereinbart wurde. Um zu bestimmen, was vereinbart wurde, werden neben der Buchungsbestätigung auch die Reisebeschreibungen auf der Website oder im Prospekt des Reiseveranstalters herangezogen.

 

Was, wenn ich es mir nach der Buchung noch einmal anders überlege?

Vertragsübertragung, § 651e BGB

 

Pauschalurlauber können bis zu sieben Tage vor Reisebeginn ihre Buchung auf eine andere Person übertragen. Besondere Gründe hierfür müssen nicht vorliegen.

 

Der Reiseveranstalter kann der Übertragung nur widersprechen, wenn der „Ersatzreisende“ nicht den Reiseanforderungen entspricht oder vertragliche Reiseerfordernisse nicht erfüllt. Für den eventuell noch ausstehenden Reisepreis und nachgewiesene Mehrkosten, hervorgerufen z.B. durch Gebühren für eine Umschreibung des Flugtickets, haften der ursprüngliche und der tatsächlich Reisende nebeneinander.

 

„Pauschalurlauber können bis zu sieben Tage vor Reisebeginn ihre Buchung auf eine andere Person übertragen. Besondere Gründe hierfür müssen nicht vorliegen.“

 

Rücktritt vor Reisebeginn, § 651h BGB

 

Daneben können Pauschalurlauber jederzeit vor Reisebeginn vom Vertrag zurücktreten. Der Reiseveranstalter kann dann allerdings eine angemessene Entschädigung verlangen. Diese besteht in der Regel aus einer in den AGB vereinbarten, prozentualen Entschädigung vom Reisepreis. Je später der Rücktritt vom Reisenden erklärt wurde, desto höher fällt die zu zahlende Entschädigung aus.

 

Der Reisende muss jedoch dann keine Entschädigung zahlen, wenn am Urlaubsort oder in dessen Nähe unvermeidbare außergewöhnliche Umstände vorherrschen, die die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigen. Hierunter versteht man Umstände, die nicht der Kontrolle des Reisenden unterliegen und die sich auch sonst nicht hätten vermeiden lassen. Hierunter können z.B. coronabedingte Einschränkungen am Reiseziel fallen.

 

Was passiert, wenn mein Reiseveranstalter Insolvenz anmelden muss?

§ 651r BGB sieht für diesen Fall einen Schutz für Pauschalurlauber vor. Die bis dato geltende Versicherungslösung wird nach den Erfahrungen der Thomas Cook Großinsolvenz künftig durch einen Reisesicherungsfonds abgelöst, bei dem es die stark kritisierte Möglichkeit der Haftungsbegrenzung nicht mehr geben soll.

 

Tritt der Insolvenzfall vor Urlaubsbeginn ein, erhält der Reisende den bis dahin gezahlten Reisepreis erstattet. Reisende, die sich zum Zeitpunkt des Insolvenzfalls im Urlaub befinden, erhalten vor Ort geleistete Zahlungen erstattet und ihre Rückbeförderung und Unterbringung bis dorthin sind sichergestellt.

 

Was steht mir zu, wenn vor Ort Reisemängel vorliegen?

Sind die tatsächlichen Reiseleistungen vor Ort schlechter als der vereinbarte Inhalt und der Ablauf des Urlaubs, stehen Reisenden verschiedene Ansprüche zu.

 

Abhilfe oder Selbstabhilfe, § 651k BGB

 

Pauschalurlauber müssen den Mangel zunächst dem Reiseveranstalter anzeigen. Wurde die Pauschalreise über ein Reisebüro oder einen Onlinevermittler gebucht, können sich Reisende auch dort hinwenden. Die Urlauber können verlangen, dass der aufgetretene Mangel innerhalb einer angemessenen Frist beseitigt wird (Abhilfe).

 

Die Beseitigung des Mangels kann der Reiseveranstalter nur verweigern, wenn ihm dies nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich wäre.

 

Kommt der Reiseveranstalter dem Verlangen nach Abhilfe nicht nach, können Pauschalurlauber diesen selbst beseitigen und sich etwaige Kosten hierfür erstatten lassen (Selbstabhilfe).

 

„Kommt der Reiseveranstalter dem Verlangen nach Abhilfe nicht nach, können Pauschalurlauber diesen Mangel selbst beseitigen und sich etwaige Kosten hierfür erstatten lassen.“

 

Beispiel:

Bei einer Pauschalreise befindet sich das „ruhig gelegene Hotelzimmer“ direkt an einer lauten und staubigen Baustelle. Der Reiseveranstalter findet keine andere gleichwertige Unterbringungsmöglichkeit. Der Reisende sucht sich daraufhin selbst ein Zimmer in einem anderen gleichwertigen Hotel. Die Kosten für dieses Hotel muss der Reiseveranstalter übernehmen.

 

Minderung des Reisepreises, § 651m BGB

 

Für die Dauer des Reisemangels können Pauschalurlauber den Reisepreis mindern. Da der Reisepreis bei Pauschalreisen in aller Regel bereits vor Antritt der Reise vollständig bezahlt werden muss, handelt es sich faktisch um einen Anspruch auf Erstattung.

 

Die Berechnung erfolgt nach folgender Formel:

 

Minderungsbetrag = Gesamtreisepreis/(Reisedauer (in Tagen)) x Dauer des Reisemangels (in Tagen) x Minderungsquote

 

Die Minderungsquote richtet sich nach Art und Schwere des Mangels. Einen Überblick über Minderungsquoten geben verschiedene Übersichtstabellen wie die Frankfurter Tabelle, die Kemptener Reisemängeltabelle oder die Würzburger Tabelle für Kreuzfahrten.

 

Kündigung, § 651l BGB

 

Liegt ein Mangel vor, der die Reise erheblich beeinträchtigt, kann der Pauschalreisende den Vertrag auch kündigen. Eine erhebliche Beeinträchtigung liegt z.B. vor, wenn eine Reiseleistung überhaupt nicht erbracht wurde oder eine wesentliche Reiseleistung, wie die Beherbergung, gravierende Mängel aufweist. Ein Indiz für solch einen gravierenden Mangel ist eine dem Reisenden zustehende hohe Minderungsquote (s.o.). Die Rechtsprechung hierzu ist allerdings nicht einheitlich. Mängel, die zu Minderungen von 50% und mehr berechtigen, gelten jedenfalls als erheblich.

 

Kündigt ein Reisender, muss der Reiseveranstalter den Gegenwert der noch nicht erbrachten Reiseleistungen zurückzahlen und – sofern der Reisevertrag dies vorsah – sich auch um die Rückbeförderung der Reisenden kümmern. Etwaige Mehrkosten hierfür muss der Reiseveranstalter übernehmen.

 

Schadensersatz und nutzlos aufgewendete Urlaubszeit, § 651n BGB

 

Wurde ein Reisemangel vom Reiseveranstalter verschuldet und führte dieser Mangel beim Reisenden zu einem Schaden, muss er diesen ersetzen. Wenn eine Hilfsperson des Reise-veranstalters einen Mangel verschuldet, wird dies dem Reiseveranstalter zugerechnet.

 

Beispiel:

Bei einer Pauschalreise verunglückt der Transferbus aufgrund überhöhter Geschwindigkeit auf dem Weg vom Flughafen zum Hotel. Der Reisende zieht sich Verletzungen zu und muss deswegen zwei Tage stationär behandelt werden.

 

Hier steht dem Reisenden gegen den Reiseveranstalter ein vertraglicher Schadensersatzanspruch zu. Das Verschulden des Busfahrers wegen überhöhter Geschwindigkeit wird dem Reiseveranstalter zugerechnet.

 

Wurde die Reise durch einen Mangel vereitelt oder wie im Beispiel erheblich beeinträchtigt, kann der Reisende auch eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit verlangen. Eine erhebliche Beeinträchtigung ist auch hier immer anzunehmen, wenn der Mangel zu Minderungen von 50% oder mehr führt. Die Entschädigung orientiert sich am Tagesreisepreis. Für einen vollständig nutzlos aufgewendeten Tag Urlaub kann der Reisende demnach eine Entschädigung in Höhe eines Tagesreisepreises verlangen.
Daneben kann der Reisende auch nach den Regeln der sogenannten unerlaubten Handlung gemäß § 823 BGB Schadensersatz verlangen.

 

Bis wann kann ich meine Ansprüche geltend machen?

Die Verjährungsfrist für Ansprüche aus dem Pauschalreisevertrag beträgt 2 Jahre. Sie beginnt mit dem Tag, an dem die Pauschalreise dem Vertrag nach enden sollte.

 

Fazit

Die dargestellten Regeln führen zu einem sehr hohen Maß an Verbraucherschutz. Daher werden auch in Zukunft – aller Individualreisebestrebungen zum Trotz – viele Urlauber Pauschalreisen buchen.

 

 

PROF. DR. TOBIAS EHLEN

ist Professor für Wirtschaftsrecht im Fachbereich Touristik / Verkehrswesen an der Hochschule Worms.

 

Nach einer Bankausbildung und dem Studium der Rechtswissenschaften mit betriebswirtschaftlicher Zusatzausbildung in Bayreuth und Würzburg promovierte er zu einem börsenrechtlichen Thema.

 

Vor seinem Ruf an die Hochschule Worms arbeitete er als Rechtsanwalt in einer großen Kanzlei und 7 Jahre für einen Reisekonzern in London.

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