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Justin Monsenepwo

Dr. Justin Monsenepwo

Rechtsanwalt und wissenschaftlicher Mitarbeiter

 

 

Vom Kongo nach Deutschland: Mein akademischer Weg im Jurastudium

 

Ich stamme aus der Demokratischen Republik Kongo und promovierte 2021 an der Universität in Würzburg, also in Deutschland. Doch wie kam es überhaupt dazu?

 

 

„Ich sah den Unterschied zum deutschen Rechtssystem als eine Chance […] Außerdem war die Idee, das Land von Goethe, Beethoven, Kant und (Heidi) Klum zu entdecken, sehr verlockend!“

 

 

Meine akademische Laufbahn begann mit meinem Jurastudium an der Université Protestante au Congo in Kinshasa, meiner Heimatstadt. Einer meiner dortigen Juraprofessoren hatte an der Universität Hamburg promoviert. Er lobte immer das deutsche Rechtssystem und Deutschland im Allgemeinen. Außerdem hatte ich in Kinshasa an einem Workshop teilgenommen, der von der Deutsch-Kongolesischen Juristenvereinigung und der Universität Würzburg organisiert wurde. Dieser Workshop ermöglichte es mir, mehr Wissen über das deutsche Recht zu erlangen und bereits ein paar deutsche Wörter zu lernen. Vor diesem Workshop war das einzige deutsche Wort, das ich kannte, „Wunderbar“ gewesen, weil es in Kinshasa eine berühmte lokale Hip Hop-Gruppe gab, die diesen Namen trug.

 

Nach meinem Bachelor-Abschluss erhielt ich ein Stipendium von der deutschen Regierung, das mir ermöglichte, in Deutschland meinen Master und später meine Promotion abzuschließen. Es wird Sie sicher nicht überraschen, dass Deutschland für einen Kongolesen, der Französisch spricht, nicht die erste Wahl ist. Andere Länder wie Frankreich oder Belgien wären aufgrund ihrer Ähnlichkeiten mit der Demokratischen Republik Kongo in Bezug auf die Sprache, das Bildungssystem und das Rechtssystem eher geeignet. Dennoch sah ich den Unterschied zum deutschen Rechtssystem als eine Chance, eines der ausgeklügeltsten und ausgefeiltesten Rechtssysteme der Welt kennenzulernen. Außerdem war die Idee, das Land von Goethe, Beethoven, Kant und (Heidi) Klum zu entdecken, sehr verlockend! Also nahm ich das Stipendium an und reiste nach Mannheim, wo ich zunächst einen sechsmonatigen Deutschkurs absolvierte.

 

 

„Das Jurastudium in Deutschland hat mir […] ein tiefes Verständnis für unterschiedliche Rechtssysteme und Kulturen gegeben.“

 

 

Direkt im Anschluss meiner Sprachkurse begann ich mein Masterstudium an der juristischen Fakultät der Universität Würzburg. Für mich als Student aus der Demokratischen Republik Kongo war das Studium des deutschen Rechtssystems eine spannende Aufgabe. Eine der ersten Herausforderungen, mit denen ich konfrontiert wurde, war die Sprachbarriere. Zwar hatte ich in den sechs Monaten in Mannheim Deutsch gelernt, aber ich merkte schnell, dass der deutsche Juristenjargon und die juristische Terminologie eine ganz eigene Sprache ist! Mit Beharrlichkeit und Engagement konnte ich jedoch meine Sprachkenntnisse verbessern und gewann mehr Vertrauen in meine Fähigkeit, zu verstehen und effektiv zu kommunizieren. Ich durfte auch erleben, wie die Präzision der deutschen Sprache mit der Komplexität der deutschen Rechtsbegriffe in Einklang gebracht wird. Eine weitere große Herausforderung war es, mich mit dem deutschen Rechtssystem vertraut zu machen. Es gibt zwar Ähnlichkeiten zwischen dem kongolesischen Rechtssystem (das dem französischen Rechtssystem nahesteht) und dem deutschen Recht, aber auch erhebliche Unterschiede, insbesondere in Bereichen wie dem Zivilprozess- und Vertragsrecht.

 

Während meiner Studienzeit in Würzburg hatte ich die Gelegenheit, ein Praktikum bei der Kanzlei CMS Hasche & Siegle in Frankfurt zu absolvieren. Dort war ich unter anderem an der Fusion eines französischen Unternehmens mit einem deutschen Unternehmen beteiligt. Diese Transaktion bot mir die Gelegenheit, meine Kenntnisse des französischen und des deutschen Rechts anzuwenden. Außerdem war es amüsant, die kulturellen Unterschiede zwischen deutschen und französischen Anwälten zu sehen. So kam damals zum Beispiel einer der Anwälte in Frankfurt mit einer E-Mail zu mir, die er von einem französischen Anwalt erhalten hatte. Am Ende der E-Mail schrieb der französische Anwalt: „Bitte glauben Sie an den Ausdruck meiner Aufrichtigkeit“. Überrascht von dieser Formulierung fragte mich der deutsche Anwalt: „Warum sollte er das sagen müssen? Gibt es irgendeinen Grund, nicht an seine Aufrichtigkeit zu glauben?“ Ich musste lachen und erklärte ihm, dass dies ein französischer Ausdruck ist, der einfach „Mit besten Grüßen“ bedeutet. Ja, die Deutschen sagen in drei Worten, was die Franzosen in einem ganzen Satz sagen. Wie effizient!

 

Später arbeitete ich während meiner Promotion für sechs Monate bei der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht (HCCH) in den Niederlanden. Die HCCH ist ein Schmelztiegel verschiedener Rechtstraditionen und Kulturen. In der modernen Welt üben Menschen und Unternehmen häufig grenzüberschreitende Tätigkeiten aus (zum Beispiel Arbeit, Handel, Studium, Einkaufen, Reisen und Beziehungen). Hier entwickelte ich zusammen mit Juristen aus verschiedenen Ländern Regeln für genau diese grenzüberschreitenden kommerziellen Aktivitäten.

 

Heute halte ich Vorlesungen in verschiedenen Ländern auf der ganzen Welt (China, Südafrika, Demokratische Republik Kongo usw.) und bin als Rechtsanwalt in New York und Texas tätig. Trotz der Herausforderungen hat mir das Jurastudium in Deutschland nicht nur wertvolle Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt, sondern auch ein tiefes Verständnis für unterschiedliche Rechtssysteme und Kulturen gegeben. Ich bin dankbar, dass ich mit deutschen Rechtswissenschaftlern zusammenarbeiten durfte. Ich fühle mich geehrt, von ihren Perspektiven und Erfahrungen gelernt zu haben.

 

 

 

 

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