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Wenn Juristen doch nur wüssten,

. . . DASS WIR NICHT MAL WISSEN, WAS WIR ALLES NICHT WISSEN!

 

Benedikt Aksoy

ist Friseur und betreibt in Würzburg

einen Friseurladen mit 9 Angestellten.

 

 

 

 

 

Ich bin Friseur. Klar, dass ich da grundsätzlich schon einmal wenig Ahnung davon habe, was in einem Jurastudium gelehrt wird. Dennoch werde ich nahezu täglich mit rechtlichen Dingen konfrontiert. Ich zähle hierzu einmal ein paar Rechtsgebiete auf, bei denen ich mir zumindest darüber bewusst bin, dass ich mit ihnen zu tun habe:

      • Arbeitsrecht
      • Vertragsrecht
      • Datenschutzrecht
      • Steuerrecht
      • Handelsrecht

Und weiß Gott, über wie viele rechtliche Rahmenbedingungen ich mir nicht einmal im Klaren bin. Ich bemühe mich wirklich darum, für eine gewisse rechtliche Absicherung zu sorgen, aber je mehr ich weiß, desto mehr weiß ich irgendwie, was ich alles noch nicht weiß.

 

Und ich möchte gar nicht wissen, wie viel mich meine Unwissenheit schon gekostet hat. Meistens ist es bei mir so, dass ich in Konfliktsituationen gewisse Dinge einfach hinnehme oder bezahle, weil ich nicht weiß, ob mich mein Bauchgefühl, im Recht zu sein, vielleicht täuscht. Natürlich könnte man jetzt mit der Aussage kommen „Nimm‘ dir doch einen Anwalt!“. Aber es wäre absolut realitätsfremd anzunehmen, dass ich bei jedem Vertreter, der mir ungefragt zahlungspflichtige Artikel sendet oder bei jeder Kundin, die trotz aller Warnungen vorab am Ende mit ihrer Haarfarbe unzufrieden ist und nicht zahlen möchte, einen Anwalt beauftrage. Das kostet nicht nur Zeit, sondern auch Nerven. Und vor allem: Geld. Die Kosten für eine Rechtsberatung (und der entgangene Umsatz während der Beratungszeit) übersteigen in der Regel bei Weitem den Betrag, den man für seine Ahnungslosigkeit und Stressfreiheit zahlt.

 

Ich möchte gar nicht wissen, wieviel mich meine Unwissenheit schon gekostet hat.

 

Ich habe mittlerweile 9 Angestellte. Arbeitsrechtlich fällt hier immer wieder etwas an. Und gerade in solchen Bereichen ist man stark emotional involviert, weil man jeden einzelnen Tag mit seinen Angestellten auf engstem Raum zusammenarbeitet. Beispielsweise hatte ich vor nicht allzu langer Zeit so einen sehr emotionalen, arbeitsrechtlichen Fall. Klar, da gehe ich natürlich zu einem Anwalt. Trotz meiner Rechtsschutzversicherung etc. hatte ich dann für ca. 2 Stunden Beratung und einen vorgefertigten Schriftsatz über eine drittel DIN A-4 Seite knapp 2000€ gezahlt – der zwei Tage später mit dem nächsten Vorfall schon wieder überholt war und eine erneute Beratung nötig wurde. Ich will damit auf keinen Fall sagen, dass die Kosten für die Fachkompetenz eines Anwalts nicht gerechtfertigt wären! Was ich damit lediglich sagen will, ist, dass man sich nicht wundern braucht, wenn viele Unternehmer selbst solche „krasseren“ Fälle auf eigene Faust regeln. Einfach, weil sie es sich nicht leisten können (oder wollen). Und das Schlimmste daran ist: solche Unrechtssituationen, die wirklich tagtäglich passieren, kommen niemals ans Licht, weil sich im Normalfall keiner beider Parteien sicher genug ist, im Recht zu sein, sodass er die Hemmungen überwindet, sich einen teuren Anwalt zu nehmen. Ein Bauchgefühl reicht da bei Weitem nicht.

 

Ich bin aber überzeugt davon, dass das größte Problem nicht einmal darin besteht, dass wir uns absichtlich nicht an Recht und Gesetz halten, sondern darin, dass wir gar nicht wissen, wie es aussieht. Wir brauchen Basic-Wissen als groben Leitfaden, an dem wir uns orientieren können und um Bescheid zu wissen, wann überhaupt der Zeitpunkt dafür gekommen ist, einen Anwalt zu beauftragen. Ja, aber woher bekommt man dieses Wissen? Wenn wir notgedrungen googeln, kriegen wir vom nächsten Juristen gesagt, dass wir das auf keinen Fall tun dürften und dass es ja sowieso immer auf den Einzelfall ankäme. Letztendlich haben wir „normalen Leute“ also permanent das Gefühl absoluter Unsicherheit – gleichzeitig aber auch nicht die Zeit, die Nerven und das Geld uns bei jedem Vorfall eine Rechtsberatung zu leisten.

 

Ich bin […] überzeugt davon, dass das größte Problem nicht einmal darin besteht, dass wir uns absichtlich nicht an Recht und Gesetz halten, sondern darin, dass wir gar nicht wissen, wie es aussieht.

 

Wir sind Friseure, wir haben noch das Glück, dass wir sehr viele Kunden haben, die Anwälte, Richter etc. sind. So kommen wir immer einmal wieder an gewisse Infos. Ich bin mir aber sicher, dass das in ganz vielen anderen Branchen des Alltags nicht der Fall ist. Und auch schön, wenn man immer einmal wieder mitbekommt, dass einzelne Kanzlei-Blogs etc. laienverständliche Informationen bereitstellen. Aber wie kommen wir bis dorthin, wenn wir diese Kanzleien gar nicht kennen? Genau. Wir müssen googeln, was wir ja aber nicht sollen. Etwas anderes bleibt uns aber kaum übrig. Wenn ich nun also zwei Wünsche äußern könnte, die ich an Juristen habe, wären das folgende:

  1. Wir brauchen mehr grundlegende, verständliche Informationen, damit wir überhaupt einmal grob wissen, was falsch oder richtig ist und dementsprechend auch wissen, wann wir Hilfe brauchen.
  2. Vorab einsehbare Festpreise für Beratungen bei Anwälten, damit wir uns öfter trauen, diese Dienste auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen und keine böse Überraschung befürchten müssen.

Wir haben selbst keine Lust darauf, mit der ständigen Angst leben zu müssen, irgendetwas falsch zu machen, von dem wir nicht einmal wissen, dass es überhaupt falsch ist.

 

 

 

 

 

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