Ab wann Herkunftsnachweise bei Banken nötig werden
Viele von uns kennen es: Man verkauft das eigene Auto und hat plötzlich 15.000 Euro in bar auf der Hand oder man hört auf zu rauchen und steckt das „Zigarettengeld“ in die Spardose, um sich selbst zu motivieren. Auf diesen und vielen anderen Wegen kommt schnell viel Bargeld zusammen.
Sobald die Spardose voll ist, läuft man grinsend wie ein Honigkuchenpferd zur Bank des Vertrauens und bekommt dort gesagt, dass man für Einzahlungen über 10.000 Euro einen Herkunftsnachweis braucht. Weit weniger grinsend kommen dann die Fragen auf: Was ist ein Herkunftsnachweis und dürfen die überhaupt fragen, woher ich mein Geld habe? Das geht die doch mal gar nichts an! Schließlich sagt der Datenschutz, dass ich nichts sagen muss, was ich nicht möchte…
Herkunftsnachweise erst ab 10.000 Euro Bareinzahlung?
Seit August 2021 ist das Einzahlen größerer Mengen Bargeld erheblich erschwert worden. Hintergrund ist eine Entscheidung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Deswegen muss die einzahlende Person nun nachweisen, woher der Betrag stammt. In den Medien war oft zu lesen, dass dies nur für Beträge ab 10.000 Euro gilt, doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Denn die BaFin unterscheidet zwischen Einzahlungen innerhalb und außerhalb einer Geschäftsbeziehung.
„In den Medien war oft zu lesen, dass dies nur für Beträge ab 10.000 Euro gilt, doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Denn die BaFin unterscheidet zwischen Einzahlungen innerhalb und außerhalb einer Geschäftsbeziehung.“
Innerhalb einer Geschäftsbeziehung
Innerhalb einer Geschäftsbeziehung zwischen Kunde und Bank kennt man sich, deshalb kann man sich nicht nur mehr vertrauen, sondern auch besser einschätzen. Das ist vor allem deshalb der Fall, weil ein sogenannter „KYC-Prozess“ (Know Your Customer) durchlaufen wurde. Jeder, der ein Bankkonto hat, kennt diesen Prozess – oder zumindest einen Teil davon: Bei der Eröffnung des Kontos schaut sich der Bankberater den Personalausweis an, stellt Fragen zur Berufstätigkeit und den Einkünften und tippt das alles in den Computer ein. Man bekommt sein Konto und wird in regelmäßigen Abständen von der Bank aufgefordert, die Daten zu aktualisieren.
Im Hintergrund laufen noch viele weitere Prozesse, die der Bank ermöglichen sollen, den eigenen Kunden kennenzulernen und das Verhalten des Kunden einzuschätzen. Aufgrund dieser Daten kann die Bank beurteilen, ob sich der Kunde wie erwartet verhält oder ob plötzlich „merkwürdige“ Transaktionen stattfinden. Letztere können auch ein Zeichen dafür sein, dass der Kunde einem Betrug (z.B. Ebay-Betrug oder Love Scamming) zum Opfer gefallen ist.
Aufgrund der KYC-Daten und der Umsätze auf dem Konto des Kunden, ist es der Bank möglich, einzuschätzen, ob die Herkunft des Geldes plausibel ist. Deshalb liegt die Grenze hier grundsätzlich bei 10.000 Euro. Zudem hat die BaFin erlaubt, dass der Kunde den Herkunftsnachweis „innerhalb einer angemessenen Frist“ persönlich oder auf andere Weise übermitteln darf. Allerdings ist es auch möglich, dass die Bank risikobasiert einen Herkunftsnachweis bei Einzahlungen unter 10.000 Euro einfordern darf.
Für den normalen Verbraucher ist dies in der Regel kein Problem. Doch stellen wir uns vor, wir haben eine Eisdiele in der Frankfurter Innenstadt. An einem heißen Sommertag kommt hier eine Menge Bargeld zusammen. Um nachzuweisen, woher das Geld kommt, müssten wir jeden einzelnen Kunden nach dem Namen fragen. Das wäre nicht nur merkwürdig, sondern auch sehr zeitaufwändig. Doch auch daran hat die BaFin gedacht und angeordnet, dass bei „bestimmten Kundengruppen, bei denen regelmäßig höhere Bartransaktionen zum Geschäftsmodell gehören“ von diesen Grundsätzen abgewichen werden kann. Jedoch muss die Bank dann regelmäßig das Geschäftsmodell und die Bartransaktionen überprüfen. In der Praxis bedeutet das, dass die Bank schaut, ob wir unsere Eisdiele noch betreiben und auch zu welchen Zeiten (Stichwort: Saisongeschäft). Solange wir unsere Eisdiele betreiben, dürfen wir das eingenommene Bargeld ohne Herkunftsnachweis einzahlen.
Außerhalb einer Geschäftsbeziehung
Außerhalb einer Geschäftsbeziehung meint sog. „Gelegenheitskunden“. Diese kennt die Bank nicht, da der oben genannte KYC-Prozess niemals durchgeführt wurde. Sicher kommt an dieser Stelle nun die Frage auf, wie man ohne ein Konto Geld bei einer Bank einzahlen kann:
„Die Geschäftsbeziehung zwischen Bank und Kunde lässt sich mit Freundschaften und Bekanntschaften vergleichen. Jeder von uns vertraut den eigenen Freunden mehr als einer Discobekanntschaft. In diesem Fall ist der sog. ‚Gelegenheitskunde‘ lediglich eine Discobekanntschaft.“
Grundsätzlich gibt es keine Vorschrift, die besagt, dass für eine Bareinzahlung eine Geschäftsbeziehung nötig ist. Das bedeutet vereinfacht, dass man Kunde der Bank A sein kann, sich jedoch z.B. an einem Ort befindet, an dem Bank A keine Filiale hat. Deshalb kann man zur Bank B gehen, dort das Bargeld einzahlen und auf das eigene Konto bei Bank A oder ein anderes Konto bei Bank C überweisen lassen. Allerdings bietet nicht jede Bank diesen Service an und in der Regel kostet er auch eine zusätzliche Gebühr.
Die Geschäftsbeziehung zwischen Bank und Kunde lässt sich mit Freundschaften und Bekanntschaften vergleichen. Jeder von uns vertraut den eigenen Freunden mehr als einer Discobekanntschaft. In diesem Fall ist der sog. „Gelegenheitskunde“ lediglich eine Discobekanntschaft. Deshalb fordert die BaFin außerhalb einer Geschäftsbeziehung den Herkunftsnachweis auch schon ab Beträgen von 2.500 Euro. Sofern der Gelegenheitskunde also keinen entsprechenden Nachweis mitbringt, darf die Bank das Bargeld nicht annehmen.
Was gilt als Herkunftsnachweis?
Die BaFin fordert „aussagekräftige Belege“ als Herkunftsnachweis. Leider ist diese Formulierung selbst nicht sehr aussagekräftig. Beispielhaft werden z.B. Kontoauszüge, Barauszahlungsquittungen oder Sparbücher, aber auch Verkaufs- und Rechnungsbelege, Quittungen, Schenkungsverträge o.ä. genannt. Diese Aufzählung ist aber nicht abschließend und die BaFin hat den Banken erlaubt, insbesondere innerhalb einer Geschäftsbeziehung zu entscheiden, welche Nachweise akzeptiert werden.
Dabei muss auch den Umständen des Lebens Rechnung getragen werden. Um einen Einblick zu geben: Nehmen wir an, ein Kunde hat 40.000 Euro eingezahlt und der Bank als Herkunftsnachweis ein Video übergeben, aus dem ersichtlich ist, wie die Gäste der Hochzeit nach und nach Geldscheine in eine Box werfen. Als Nachweis hätte hier auch ein Beleg über die Hochzeit (z.B. Eheurkunde) gereicht.
Egal, welcher Nachweis es ist, dieser ist von der Bank aufzuzeichnen und aufzubewahren.
„Die BaFin fordert „aussagekräftige Belege“ als Herkunftsnachweis. […] Beispielhaft werden z.B. Kontoauszüge, Barauszahlungsquittungen oder Sparbücher, aber auch Verkaufs- und Rechnungsbelege, Quittungen, Schenkungsverträge o.ä. genannt.“
Und was ist mit dem Datenschutz?
Die findigen Leser unter euch denken nun sicher daran, dass die DSGVO das anders sehen könnte, vor allem dann, wenn Daten auf dem Herkunftsnachweis stehen, die nicht zur einzahlenden Person gehören, wie z.B. der Käufer des Autos oder die Gäste auf der Hochzeit.
In der Tat gab es hierzu in der Vergangenheit einige Diskussionen. Kurz und knapp: die Datenverarbeitung (Herkunftsnachweis) ist nötig, damit die Bank ihre rechtliche Verpflichtung erfüllen kann und damit zulässig. Auch muss die Bank keine weiteren (Adress-)daten ermitteln, nur um einem Dritten eine Datenschutzinformation zukommen zu lassen. Zudem werden die Nachweise sicher und vertraulich übermittelt, weshalb auch die geltenden Datenschutzvorschriften zu jeder Zeit eingehalten werden.
Zuletzt werden die Nachweise in der Akte des Bankkunden abgelegt. Die Daten eines Dritten sind ausschließlich aus dem Herkunftsnachweis ersichtlich und können nicht gezielt gesucht und für fremde Zwecke verarbeitet werden.
Kann ich es meiner Bank leichter machen?
Ja. Das ist sogar ganz einfach: Sobald die Freibeträge, also 2.500 Euro außerhalb bzw. 10.000 Euro innerhalb der Geschäftsbeziehung, bei Bareinzahlungen überschritten werden, hilft es der Bank sehr, wenn der Kunde den Herkunftsnachweis direkt mitbringt. Das geht natürlich nur, sofern das Geld am Schalter eingezahlt wird. Für Einzahlungen am Automaten gibt es verschiedene Lösungen: manche Banken informieren über die Nachweispflicht direkt auf der Einzahlungsquittung, andere schicken einen Brief nach Hause oder bieten Upload-Funktionen im Onlinebanking. Für alle Varianten wünschen wir uns, dass die Kunden schnell antworten, um Erinnerungsschreiben und unschöne Konsequenzen zu vermeiden.
RONJA HAUSMANN, LL.M. EUR.
ist Wirtschaftsjuristin und zertifizierte Anti-Financial-Crime Officer.
Nach verschiedenen beruflichen Stationen u.a. an Board eines Kreuzfahrtschiffes und als Compliance Managerin bei einem Musikfestival arbeitet sie nun im Compliance-Bereich eines deutschen Kreditinstituts in Frankfurt am Main.
Sie ist der Ansicht, dass das Recht vor allem eines sein muss: für jede Person verständlich.