INTERVIEW mit Laura Lewandowski, Journalistin, Gründerin von Smart Chiefs und Kolumnistin bei Business Insider DE über Social Media-Content, insbesondere im Rechtsbereich.
LL: Liebe Laura, wir verfolgen dich alle sehr fleißig und uns fällt dabei vor allem eines auf: Du hast einfach immer etwas zu erzählen! Wie machst du das? Woher nimmst du all diese Themen? Hast du nicht auch mal Schreibblockaden oder Kreativitätsengpässe?
Laura: Ich lese sehr viel und konsumiere Inhalte in meinem Genre, auch von anderen Creatorn. Hinzu kommt, dass ich nun schon seit über 12 Jahren Journalistin bin. Ich sehe etwas, habe sofort eine Idee dazu und auch wahnsinnig viel Übung im Schreiben. Das hilft dabei, Content zu produzieren. Schreibblockaden gibt es natürlich trotzdem ab und an mal, aber ich versuche es dann einfach nicht zu verkopfen. Es gibt ein paar einfache Hacks, die sehr gut dabei helfen.
Erst einmal ist es wichtig, sich zu überlegen: Was interessiert mich? Und was interessiert meine Zielgruppe? Zudem kann man sich Systeme erstellen: Schreibe ich eine Meinung? Schreibe ich einen Zukunftsausblick? Mache ich eine Pro und Contra Liste? Es gibt viele Frameworks, die man auch miteinander kombinieren kann. Wenn euch und/oder eure Zielgruppe also zum Beispiel das Thema „Verständlichere Rechtstexte“ interessiert, dann könnte man daraus spontan folgendes machen:
- Könnte in Zukunft KI Rechtstexte verständlicher schreiben?
- Was spricht für und gegen verständlichere Rechtstexte?
- 5 Tipps, für verständlichere Rechtstexte etc.
Wenn man mit diesen Frameworks an Themen herangeht, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel höher, dass man gar keine Schreibblockaden haben wird, weil dieses Gefühl „Oh Gott, ich weiß nicht, wo ich anfangen soll und wie ich das alles schreiben soll“ gar nicht erst aufkommt.
LL: Jurist*innen gehören ja eher zu den eher konservativen Berufen, ähnlich wie auch Steuerberater*innen oder Bänker*innen. Was fällt dir bei diesen Berufsgruppen im Bereich Social Media bzw. Content auf? Was könnten sie deiner Meinung nach besser machen?
Laura: Ganz, ganz klar! Was mir gerade bei akademischen Berufsgruppen oft auffällt, ist, dass der Content sehr trocken geschrieben ist. Da wird meistens auch mit Paragraphen oder diesem klassischen Juristendeutsch angefangen. Aber Social Media funktioniert einfach nicht wie das BGB. Wenn ich will, dass meine Adressaten die Nachricht wirklich verstehen, und es dennoch korrekt ist, hilft ein emotionaler Einstieg gefolgt von der sachlichen Einordnung. Schreibe zum Beispiel: „Gestern stand ich an der Ampel und habe miterlebt, wie sich zwei Autofahrer vor mir ziemlich lautstark durch ihre offenen Fenster angebrüllt haben. Irgendwann wurde es dem einen zu viel. Er machte die Scheibe wieder nach oben, zeigte dem anderen Autofahrer dabei den Stinkefinger und fuhr mit quietschenden Reifen davon. Kann er für dieses Verhalten angezeigt werden?“ Dann können Paragraphen etc. mit ins Spiel kommen.
„Was mir gerade bei akademischen Berufsgruppen auffällt, ist, dass der Content sehr trocken geschrieben ist. […] Aber Social Media funktioniert einfach nicht wie das BGB.“
Viele müssen verstehen, dass es im Endeffekt jetzt nicht mehr darum geht, Sachverhalte nüchtern aufzubereiten, sondern sie in die Lebensrealität der Leute zu transportieren und sie dort abzuholen. Was haben sie schon mal erlebt? Was interessiert sie? Welche Themen sind für sie relevant? Dazu gehört aber natürlich, dass man weiß, wer seine Zielgruppe ist und in welcher Nische man sich befindet. Wenn ihr nicht wisst, wer das ist: Pickt euch dazu 10 Leute, sozusagen euer „Kernteam“, heraus und zieht sie zurate!
LL: Du meinst also, dass Jura und Storytelling gut zusammenpassen?
Laura: Nicht nur zusammenpassen. Es geht gar nicht ohne! Zumindest, wenn es der Anspruch ist, Menschen wirklich aufzuklären.
LL: Und nun mal weg von den juristischen Themen an sich und hin zu den Personen, die sich dahinter verbergen. Viele Jurist*innen trauen sich nicht wirklich, etwas mehr Persönlichkeit zu zeigen. Sie haben oft das Gefühl, sie könnten dann nicht mehr professionell genug wirken, wenn sie nicht mehr ausschließlich sachlich und neutrale Inhalte teilen. Was meinst du: Schließen sich Persönlichkeit und Professionalität aus? Sagen wir zum Beispiel auf Plattformen wie LinkedIn?
Laura: Man muss natürlich jetzt nicht damit anfangen, über seinen Hund zu sprechen oder Sonstiges. Das Ganze ist jetzt auch kein Instagram. Was ich allerdings schon wichtig finde, ist fachliche Expertise zu teilen und gleichzeitig zu schauen, ob man sie anhand von Erfahrungen aus spannenden Fällen erzählen kann, die man dazu hatte. Da geht es ja dann nicht wirklich um die Person selbst, sondern da geht es ja vielmehr um Dinge, die sie im Rahmen ihres Job-Alltags erlebt hat: Konferenzen, juristische Fälle, Erkenntnisse aus der täglichen Arbeit. So kann man spannenden und persönlichen Content gestalten, ohne zu viel seiner Privatsphäre preiszugeben.
LL: Ok und jetzt angenommen, da ist zum Beispiel eine Juristin, die sagt, sie würde aber wirklich gerne mal etwas persönliches teilen und mal ein paar Einblicke geben… Sollte sie das?
Laura: Die Frage ist: Warum nicht? Wenn man Lust darauf hat, finde ich das total cool ehrlich gesagt. Indem man persönliche Insights teilt und eine Haltung und Meinung zeigt, kann man doch auch eine neue Generation an Anwälten heranziehen. Wenn man natürlich keine Lust darauf hat, dann wird es unauthentisch und kommt erzwungen rüber. Ich finde auch, es macht total viel Spaß und man kann wahnsinnig viel Aufklärungsarbeit leisten. Es gibt viele Frauen in der Wirtschaft oder Politik, die auch private Sachen, Meinungen und Haltungen teilen – und genau deswegen sind sie sogar richtig prominent in ihrem Bereich geworden und werden überall als Expertinnen eingeladen. Wenn also zum Beispiel das Ziel ist, an mehr Panels teilzunehmen, ist es unerlässlich, eine Haltung zu haben und diese auch zu teilen. Als Journalist lade ich ungern jemanden ein, der noch nie zu irgendetwas eine Meinung geäußert hat – sondern nur Fachchinesisch runterbetet. Das ist für mich keine Leistung.
„Wenn also zum Beispiel das Ziel ist, an mehr Panels teilzunehmen, ist es unerlässlich, eine Haltung zu haben und diese auch zu teilen. Als Journalist lade ich ungern jemanden ein, der noch nie zu irgendetwas eine Meinung geäußert hat.“
LL: Es ist sehr beruhigend zu wissen, dass sich das also nicht ausschließt, sondern sich sogar wunderbar ergänzen kann! Zum Abschluss haben wir noch eine persönliche Frage an dich: Stell‘ dir vor, eine gute Fee kommt zu dir und du hast 2 Wünsche für die Zukunft des Contents. Was würdest du dir wünschen?
Laura:
- Ich würde mir wünschen, dass mehr Leute das Potenzial von Newslettern verstehen. Newsletter kann man nicht nur viel fundierter schreiben als zum Beispiel einen LinkedIn Post, sondern er ist auch einfach prädestiniert dafür, dass man wirklich organische Reichweite erzielen kann, ohne dass man von dem Algorithmus der Plattform abhängig ist. Du hast also volle Kontrolle über deine Audience. Du kannst genau tracken, woher deine Leute kommen, kannst mit deinen Lesern ins Gespräch kommen, User-Umfragen einfacher machen und vor allem super monetarisieren. Ich bin großer Fan von Newslettern!
- Ich würde mir wünschen, dass Leute ihre Hemmungen zu schreiben ablegen und das Selbstbewusstsein entwickeln, mit dem, was sie zu sagen haben, auch rauszugehen. Und jeder Mensch hat etwas zu sagen! Viele wissen einfach nur nicht, wie sie das tun können oder haben Angst davor, was andere sagen oder denken könnten. Ich merke das zum Beispiel in meinen eigenen Storytelling-Classes. Da gehen die Leute am Ende raus, sind ganz beflügelt und hätten niemals gedacht, dass sie in der Lage sind, sowas zu produzieren. Ich finde es total schön, zu sehen, wie Menschen aus ihren Schneckenhäusern herauskommen!
LL: Vielen herzlichen Dank für deine tollen Tipps und Insights, liebe Laura! Das waren wirklich tolle Mehrwerte für unsere Leser:innen!