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Hurra, ein Baby!

Was man rechtlich dazu wissen sollte.

 

Kaum ein anderes Ereignis katapultiert das Leben von Menschen so sehr auf ein neues Daseins-Level wie eine Schwangerschaft und die Geburt eines Kindes. Dabei verändert sich nicht nur das ganz persönliche Wertesystem, die eigenen Schlafenszeiten und die Anzahl von Herausforderungen des täglichen Lebens gepaart mit einer meist unvorstellbaren Menge von Glück, sondern auch in rechtlicher Hinsicht bedeutet die Geburt eines kleinen Menschen in vielerlei Hinsicht einen Paradigmen-Wechsel.

 

Die Eltern sind verheiratet

Sind die Eltern des Kindes verheiratet, ist die Situation rechtlich eher unkompliziert: Der Ehemann der Kindesmutter gilt als rechtlicher Vater (auch wenn er das gar nicht ist und ein anderer Mann der leibliche Vater des Kindes ist), beide Elternteile haben automatisch das gemeinsame Sorgerecht und damit das Privileg, alle wesentlichen Dinge im Leben des gemeinsamen Kindes zusammen treffen zu dürfen. Sie sind ihrem Kind zum Unterhalt verpflichtet und können unproblematisch ohne größere Hürden am Leben des gemeinsamen Kindes teilnehmen. Verheiratete Eltern können sich also primär den wichtigen Themen in dieser Lebensphase wie Auswahl von Kinderwagen, dem richtigen Schnuller und Spielzeug widmen oder sich bei der Auswahl von niedlicher Kinderkleidung an den Rand der Insolvenz shoppen und sich von Herzen freuen.

 

„[Der nichteheliche Vater bekommt] ‚automatisch‘ das Sorgerecht für das gemeinsame Kind, wenn er die […] Mutter seines Kindes heiratet, ohne dass noch etwas extra unternommen werden muss.“

 

Ähnlich unkompliziert ist die Rechtslage, wenn ein Paar noch nicht verheiratet ist, aber nach der Geburt des Kindes heiratet: Nach § 1626 a I Nr. 2 BGB bekommt der nichteheliche Vater „automatisch“ das Sorgerecht für das gemeinsame Kind, wenn er die (bis dato nichteheliche) Mutter seines Kindes heiratet, ohne dass noch etwas extra unternommen werden muss.

 

Dabei ist im Übrigen egal, ob die Hochzeit sofort nach der Geburt stattfindet oder auch erst irgendwann später.

 

Die Eltern sind nicht verheiratet

Richtig herausfordernd ist die Rechtslage, wenn zwei Menschen Eltern eines gemeinsamen Kindes werden, die nicht miteinander verheiratet sind. Zunächst ist tatsächlich nur die Mutter die einzige Person, die Rechte für das Kind ausüben kann. So kann sie den Namen des Kindes komplett allein bestimmen, braucht keinen Vater für das Kind in der Geburtsurkunde anzugeben und könnte theoretisch sofort nach der Geburt mit dem Kind nach Timbuktu auswandern, ohne jemanden fragen zu müssen. Um die Rechtslage für beide nichtehelichen Eltern abzusichern, bedarf es folgender Schritte:

 

 

  1. Vaterschaftsanerkennung

Das Wichtigste für das Kind ist die Vaterschaftsanerkennung, damit das Kind nicht nur einen Vater hat, sondern auch klar ist, wer das ist. Durch die Vaterschaftsanerkennung (die man auch schon vor der Geburt beim Jugendamt durch eine entsprechende freiwillige Erklärung abgeben kann) steht fest, dass der Vater, der das Kind als das Seinige anerkannt hat, nach der Geburt auch zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet ist.

 

Erkennt der Vater das Kind nicht durch eine freiwillige Erklärung an, muss man diese beim Gericht durch einen Vaterschafts-Feststellungs-Antrag im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens feststellen lassen. Erst dann kann man den Unterhalt für das Kind beim Gericht einklagen.

 

„Durch die Vaterschaftsanerkennung […] steht fest, dass der Vater, der das Kind als das Seinige anerkannt hat, nach der Geburt auch zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet ist.“

 

 

  1. Sorgerechtserklärung

Auch wenn der nicht verheiratete Vater das Kind anerkannt hat, heißt das noch lange nicht, dass er auch das Sorgerecht hat! Verstehen sich die Eltern gut und/oder sind auch nach der Geburt noch ein Paar, können sie beim Jugendamt kostenlos und völlig unkompliziert eine Sorgerechtserklärung abgeben, wodurch die Eltern das gemeinsame Sorgerecht erhalten – dazu braucht der Vater aber die Zustimmung der Mutter. Diese Erklärung garantiert dem Kindesvater nach wenigen Minuten und einer Unterschrift das volle Sorgerecht für das gemeinsame Kind – genau so, wie die Mutter es hat. Die wichtigste Grundvoraussetzung ist dabei die Kommunikationsfähigkeit der Eltern, da ein gemeinsames Sorgerecht sonst nicht funktioniert.

 

Denn ab diesem Zeitpunkt müssen die Eltern sich somit in allen wichtigen Belangen des Sorgerechts abstimmen und einigen: Dies fängt schon bei der Taufe an (soll diese überhaupt stattfinden oder in welcher Konfession?), dann kommen die Anmeldung für Kindergarten und Schule hinzu, gefolgt von der Beantragung eines Kinder- und Personalausweises und endet meist erst mit der Anmeldung zum Führerschein. Auch die Ausübung der Gesundheitsfürsorge hat es in sich: Soll das Kind geimpft werden? Braucht es Logotherapie oder einen Kinderpsychologen? Und selbst die Auswahl einer Zahnspange für das Kind kann schon zu endlosen Diskussionen führen.

 

„Verstehen sich die Eltern gut und/oder sind auch nach der Geburt noch ein Paar, können sie beim Jugendamt kostenlos und völlig unkompliziert eine Sorgerechtserklärung abgeben, wodurch die Eltern das gemeinsame Sorgerecht erhalten […].“

 

Nicht verheiratete Mütter sollten sich jedoch die Einräumung des gemeinsamen Sorgerechts gut überlegen, wenn es schon in der Schwangerschaft Anzeichen dafür gegeben hat, dass man mit dem Vater des Kindes erhebliche Probleme hat, eine Trennung wahrscheinlich ist oder man sich vor der Geburt sogar schon getrennt hat. Stellt man schon vor der Geburt fest, dass es erhebliche Differenzen im Hinblick auf Werte und Lebensmodelle gibt und ahnt man, dass man mit dem Kindesvater kaum auf einen gemeinsamen Nenner für DIE wichtigen Bereiche wie Kindererziehung, Ernährung, Regeln und Förderung des Kindes kommen kann, sollte man zwar schon die Vaterschaftsanerkennung vorantreiben, aber von der gemeinsamen Sorgerechtserklärung bloß die Finger lassen, da sie das eigene Leben unvorstellbar kompliziert machen kann:

 

Über einen Zeitraum von 18 Jahren bis zur Volljährigkeit des gemeinsamen Kindes kann man sich das Leben zur Hölle machen, wenn man über alles streiten muss oder jeder Unterschrift des sorgeberechtigten Vaters hinterherlaufen muss. Insbesondere wenn das Scheitern der Paar-Beziehung als Auftakt zu einem Machtkampf gesehen wird, um es dem anderen Elternteil „mal so richtig zu zeigen“ – und auf Kosten des Kindes, das ja überhaupt nichts dafür kann.

 

Für den Vater ist eine gemeinsame Sorgerechtserklärung rechtlich eindeutig ein Gewinn und falls sich die Mutter nicht mit einer gemeinsamen Sorge für das Kind einverstanden erklären sollte, können natürlich auch nichteheliche Väter beim Gericht einen Antrag auf Mit-Übertragung des Sorgerechts stellen.

 

Wenn ein Gericht dann irgendwann mal auf Antrag des Vaters beiden Elternteilen das gemeinsame Sorgerecht für das Kind einräumt, dann ist es halt so, muss man aber nicht zwingend forcieren. Denn: Was man einmal freiwillig eingeräumt hat, kann man später nur sehr schwer wieder rückgängig machen, insbesondere wenn persönliche Schwierigkeiten und Defizite in der Kommunikation über das Kindeswohl von Anfang an bestanden haben.

 

 

  1. Umgangsrecht

Geradezu einfach ist es mit dem Umgangsrecht der nicht verheirateten Eltern. Jedes Kind in Deutschland hat ein Recht auf Umgang mit seinen Eltern. Das ist ein originäres Recht des Kindes, denn das Kind kann ja nun nichts dafür, welchen anderen Elternteil man für es ausgesucht hat. Dieses Recht ist besonders im Hinblick auf den Elternteil relevant, der nicht mit dem Kind zusammenlebt und es besteht völlig unabhängig vom Sorgerecht (was gern verwechselt wird). Einigt man sich nicht freiwillig darüber, wer wie oft, wie lange und wann das Kind sehen darf, steht dem umgangsberechtigten Elternteil jederzeit ein Anspruch auf Vermittlung durch das Jugendamt zu. Oder aber es besteht natürlich auch die Möglichkeit, sein Umgangsrecht durch einen Antrag beim Gericht festlegen zu lassen. Das ist so. Und es gibt nur wenige Ausnahmen, wenn die Ausübung des Umgangs nachweislich nachteilig für das Kind und sein Wohl ist, also eher selten.

 

„Einigt man sich nicht freiwillig darüber, wer wie oft, wie lange und wann das Kind sehen darf, steht dem umgangsberechtigten Elternteil jederzeit ein Anspruch auf Vermittlung  durch das Jugendamt zu.“

 

 

  1. Unterhalt für das Kind

Sobald ein Kind geboren ist, hat es einen Anspruch auf Unterhalt nach dem Gesetz, da es seinen Lebensunterhalt nicht selbst finanzieren kann. Ist man nicht verheiratet, lebt aber zusammen, gibt es kaum Probleme. Bis zum 18. Lebensjahr leistet ein Elternteil (meist die Mutter) ihren Anteil am Unterhalt durch Betreuung, Erziehung und Pflege des Kindes. Der andere Elternteil ist dann für den sog. Barunterhalt zur Zahlung des Kindesunterhalts verpflichtet, der sich nach Einkommen des Pflichtigen und Alter des Kindes richtet.

 

Leben nichteheliche Eltern getrennt, sollte man den Unterhalt des Kindes durch eine vollstreckbare Urkunde absichern, die kostenfrei beim Jugendamt oder auch beim Notar erstellt werden kann. Eine solche Urkunde ist sofort vollstreckbar und sichert somit den Unterhalt des Kindes bis zur Volljährigkeit ab, muss aber vom Vater freiwillig erstellt werden. Kriegt man eine solche Urkunde nicht freiwillig (Argument „Was willst Du denn? Ich zahl doch!“), sollte der Unterhalt fürs Kind unbedingt beim Gericht beantragt werden, damit das Kind abgesichert ist.

 

 

  1. Unterhalt für die nicht verheiratete Mutter

Was viele nicht wissen ist, dass auch die nichteheliche Mutter nach § 1615 l BGB einen Anspruch auf Unterhalt mindestens bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes hat, wenn sie wegen der Geburt und Betreuung des Kindes nicht mehr oder nicht ganztags arbeiten kann. Die Höhe hängt dabei davon ab, ob sie vor der Geburt selbst gearbeitet hat (dann hat sie einen Anspruch bis zur Höhe Ihres ehemaligen Gehaltes) oder nicht. Und die Geltendmachung ist natürlich ganz abhängig vom Einkommen des Vaters und ob er überhaupt so viel verdient, dass er das zahlen kann. Als Notlösung kann man aber immer öffentliche Leistungen beantragen.

 

„Leben nichteheliche Eltern getrennt, sollte man den Unterhalt des Kindes durch eine vollstreckbare Urkunde absichern, die kostenfrei beim Jugendamt oder auch beim Notar erstellt werden kann.“

 

 

  1. Life-Hack Babyerstausstattung

Bei der Babyausstattung wird man ganz schnell arm. Das hat auch das Gesetz erkannt. Nach § 1613 II BGB sind die Kosten einer Erstausstattung ein rechtlicher Sonderbedarf des Kindes, den die Eltern anteilig zahlen müssen. Leben die Eltern aber nicht zusammen, kann man bis ca. 1500 € der Babyausstattung relativ unkompliziert beim nichtehelichen Vater einfordern. Oder auch einklagen.

 

Alles klar? Dann freut Euch jetzt ganz ungestört auf Euer Kind…

 

 

ANNA MARIA GÖBEL

 

ist seit 1999 Rechtsanwältin und von Anfang an aus Leidenschaft ausschließlich im Familien- und Erbrecht tätig.

 

Als Fachanwältin und Mediatorin plädiert sie dafür nicht nur die Rechtslage vor Augen zu haben, sondern legt einen besonderen Schwerpunkt auf Aufklärung von Mandanten, innovative Lösungen und Prozesstaktik.

 

Denn: nur, wer alle Möglichkeiten kennt, kann klug entscheiden. Man darf das Überraschungsmoment im Rechtsstreit nicht unterschätzen!

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