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MANON HEINDORF

Manon Heindorf

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht

 

 

„Die Juristerei und Ich“. Da fällt mir ein farbenfrohes Potpourri an Geschichten ein, die ich hier erzählen könnte. Aber ich versuche vorne anzufangen, und hoffe, dass ich den einen Leser oder die eine Leserin mit meiner Geschichte dazu inspirieren kann, sich auch der Juristerei zu widmen. Aus meiner Sicht gibt es keinen schöneren Beruf als den des Anwalts bzw. der Anwältin.

 

Wie kam ich zum Studium der Rechtswissenschaften?

Ursprünglich war ich mir sicher, dass ich bloß keinen Beruf erlernen wollen würde, der eine Tätigkeit am Schreibtisch beinhaltet. Ich war schon immer ein kreativer Kopf, der sich ungern irgendwelche Vorschriften und Zwänge auferlegen ließ. Es sollte also etwas Kreatives ohne Bezug zum Schreibtisch sein. Naja, was kam da in Frage? Opernsängerin! Klar, oder? Allerdings überlegte ich nach einigen Einblicken hinter die Kulissen, ob dies wirklich der richtige Weg für mich ist. Wer mich kennt, weiß, dass ich in vielen Dingen ein detailorientierter kleiner „Monk“ bin. Ich liebe neben meiner kreativen Art die Struktur, und nehme Sachverhalte gerne bis auf das letzte kleine Detail auseinander. Bei dieser Aussage würde ich sofort einwenden, dass Kreativität und Strukturverliebtheit eigentlich wenig zusammenpassen. Aber so war es und ist es noch heute. Also was macht man, wenn man Kreativität und Struktur vereinigen möchte? – Man studiert Jura. Da ich auch diese Idee natürlich hinterfragt habe, machte ich nach meinem Abitur zunächst ein zweimonatiges Praktikum in einer Rechtsanwaltskanzlei; und zwar bei Prof. Dr. Jens M. Schmittmann, mit dem ich heute Tür an Tür in einem Büro sitze. Ihm habe ich nicht nur zu verdanken, dass ich mich letztendlich für das Jurastudium entschied, sondern er hat mich bei meinem ganzen Werdegang auf Schritt und Tritt unermüdlich unterstützt.

 

Ich belegte sodann ab dem Wintersemester 2010/2011 an der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn das Fach der Rechtswissenschaften, mal mehr und mal minder erfolgreich. Bei manchen Klausuren galt die ungeschriebe Regel „vier gewinnt“. Für die Nichtjuristen: Mit vier Punkten hat man die Klausur bestanden und muss nicht wiederholen.

 

Ich liebe neben meiner kreativen Art die Struktur (…) Bei dieser Aussage würde ich sofort einwenden, dass Kreativität und Strukturverliebtheit eigentlich wenig zusammenpassen. Aber so war es und ist es noch heute.

 

Bereits im ersten Semester fiel mir auf, dass die strafrechtlichen Fachgebiete mir nicht nur am meisten Spaß machten, sondern dass sie mir auch von Anfang an leicht von der Hand gingen, sodass ich meine „Berufung“ schon sehr früh gefunden hatte. Nichtsdestotrotz vergingen nicht wenige Momente, die mit großer Verzweiflung einhergingen, insbesondre im Rahmen der Vorbereitung auf das erste juristische Staatsexamen. Familie und Freunde bekam man da nur an besonders feierlichen Anlässen zu sehen. Den Rest der Zeit hat man sich entweder in der Bibliothek oder an seinem Schreibtisch verbarrikadiert, um den schier unüberwindbar scheinenden Haufen an Lernmaterial in sich aufzusaugen. Trotz gelegentlicher Verzweiflung ist es am Ende gut gegangen.

 

Nach meinem Studium wollte ich zurück in die Heimat und habe mich im Sommer 2016 für einen Referendariatsplatz am Landgericht Essen beworben. Das Ruhrgebiet hat halt so seinen ganz eigenen Charme. Wer „von hier kommt“, weiß was ich meine. Ich habe im Rahmen des Referendariats nicht nur Freunde fürs Leben, und – damals im Hinblick auf die Vorbereitung auf das zweite Staatsexamen – Leidensgenossen, gefunden, es hat sich auch noch deutlich weiter herauskristallisiert, für welches Fachgebiet ich leidenschaftlich brenne. Im Rahmen des Referendariats muss man verschiedene Stationen durchlaufen, unter anderem bei der Staatsanwaltschaft, bei der man die sogenannte Sitzungsvertretung übernehmen darf. Man tritt quasi als Staatsanwalt/Staatsanwältin in der Hauptverhandlung auf, darf dies zum einen aber nur bei Hauptverhandlungen vor dem Strafrichter und muss bei einigen Entscheidungen Rücksprache mit dem Ausbilder/der Ausbilderin halten.

 

Da dies die einzige Station war, in der ich zum großen Teil selbständig Entscheidungen treffen und im Rahmen der Plädoyers meiner kreativen Ader freien Lauf lassen konnte, hat mir dies nicht nur besonders viel Spaß bereitet, auch die Ergebnisse waren meist ganz gut. So kam es dazu, dass ich auch meine Wahlstation nach den schriftlichen Prüfungen bei der Staatsanwaltschaft Essen absolvierte, diesmal in der Jugendabteilung. Nach meiner mündlichen Prüfung erhielt ich von meinem strafrechtlichen Prüfer sodann eine Visitenkarte mit der Bitte, mich alsbald bei ihm zu melden. Er würde mich umgehend für den staatsanwaltlichen Dienst empfehlen wollen. Der Gedanke zur Staatsanwaltschaft zu gehen, lag tatsächlich nicht ganz fern. Ich hatte jedoch just nach der mündlichen Prüfung zudem ein Angebot zur Promotion bekommen und habe mich dann für diesen Weg entschieden. Im Nachhinein: Alles richtig gemacht, denn sonst wäre ich heute nicht dort, wo ich jetzt bin. Wobei ich natürlich nicht weiß, wie mein Weg aussehen würde, wenn ich in die andere Richtung abgebogen wäre.

 

Im Laufe meiner wissenschaftlichen Arbeit am Lehrstuhl wurde mein Drang immer größer mein Wissen auch praktisch anzuwenden: eine eigene kleine, allein auf das Strafrecht spezialisierte Kanzlei. Gesagt, getan. Gut, so einfach war es natürlich dann doch nicht. Allein die Organisation, die mit der Gründung einer Kanzlei einhergegangen ist, hat mich den ein oder anderen Nerv gekostet. Aber auch das hat sich gelohnt: Selbstbestimmtes Arbeiten. Die Kombination aus wissenschaftlicher Arbeit am Lehrstuhl kombiniert mit der Umsetzung in der Praxis im Rahmen der Verteidigung, macht nicht nur enorm viel Spaß, sondern bringt auch fachlich einen großen Mehrwert.

 

Ich habe bereits zu Anfang meiner Selbständigkeit viele liebe Kollegen kennengelernt, die mich bei meinem Vorhaben tatkräftig unterstützt haben. Nicht zuletzt waren es insbesondere Prof. Dr. Schmittmann und Prof. Dr. Isfen, die mir Mut zugesprochen haben und immer ein offenes Ohr für mich hatten.

 

Mir wird häufig die Frage gestellt, warum ich bspw. einen mutmaßlichen Mörder oder Kinderschänder verteidigen würde. Die Antwort ist ganz einfach: Alle sind vor dem Gesetz gleich, und jeder, egal was ihm vorgeworfen wird, (…) hat ein Recht auf Verteidigung. (…) Wer dies nicht versteht oder verstehen will, hat das System unseres Rechtstaates nicht verstanden.

 

Und heute?

Ich bin nunmehr etwas über drei Jahre Anwältin, ausschließlich im Bereich des Strafrechts tätig, mittlerweile Fachanwältin für Strafrecht. Und ich möchte keine Sekunde missen, in der ich diesen wunderbaren Beruf ausüben darf. Wir Strafverteidiger sind oft die Letzten, die überhaupt noch für einen Beschuldigten kämpfen. Es geht in den Fällen immer um Menschen, um Persönlichkeiten, um Schicksale. Es geht um Existenzen, es geht um Schuld und um Unschuld. Es geht um ein faires Verfahren, das jedem Beschuldigten in unserem Land zu Teil werden muss. Mir wird häufig die Frage gestellt, warum ich beispielsweise einen mutmaßlichen Mörder oder Kinderschänder verteidigen würde. Die Antwort ist ganz einfach: Alle sind vor dem Gesetz gleich, und jeder, egal was ihm vorgeworfen wird, welche politischen Ansichten er hat oder aus welchem Land er stammt, wirklich jeder hat ein Recht auf Verteidigung. So sieht es das Gesetz vor, und genauso ist es richtig. Wer dies nicht versteht, oder verstehen will, hat das System unseres Rechtstaates nicht verstanden. „Verteidigung ist Kampf, Kampf um das Recht mit den Mitteln des Rechts.“ Dieser vielzitierte Satz von Hans Dahs trifft unsere Aufgabe im Kern. Und die Verteidigung beginnt und endet dabei nicht erst im Gerichtssaal, sie beginnt weit vorher und wirkt weit fort. Die Verteidigung beschränkt sich dabei auch nicht nur auf den Zirkel der Justiz, die Verteidigung erstreckt sich genauso auf mediale Berichterstattung und öffentliche Vorverurteilung.

 

Seien Sie mal ganz ehrlich zu sich selbst: Wirft man Ihnen beispielsweise den Besitz oder die Verbreitung kinderpornographischer Inhalte vor, würden Sie dann nicht die beste Verteidigung für sich beanspruchen wollen? Würden Sie dann nicht unter medialer Berichterstattung und öffentlicher Vorverurteilung leiden? Und sagen Sie nicht, das könnte Ihnen nicht passieren. Glauben Sie mir, es kann! Und spätestens dann ist der Verteidiger/die Verteidigerin Ihr letzter und einziger Ansprechpartner, der für Sie und Ihre Rechte kämpft.

 

Und genau deshalb verlangt Strafverteidigung Leidenschaft, Feuer und Kampfgeist. Strafverteidigung ist und bleibt Kampf.

 

Ein Kampf den ich mir – und auch viele andere geschätzte Kollegen und Kolleginnen sich – zur Lebensaufgabe gemacht habe(n).

 

 

 

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