Für jeden Selbständigen und Unternehmer sowie für größere Unternehmen ist das Thema Forderungsmanagement höchst relevant. Auch, wenn dieses Thema vor der Corona-Pandemie nicht gerade eine Priorität war, so ist es spätestens jetzt unumgänglich geworden.
Was bedeutet Forderungsmanagement überhaupt?
Unter den Begriff des Forderungsmanagements fallen alle Prozesse, die das Ziel verfolgen, Forderungsausfälle zu vermeiden und die Liquidität von Selbständigen oder Unternehmen zu sichern bzw. zu steigern. Oder einfacher: Das Forderungsmanagement sorgt dafür, dass Rechnungen von Selbstständigen oder Unternehmen bezahlt werden und sie ihr Geld bekommen. Denn ein Geschäft ist erst dann erfolgreich abgeschlossen, wenn das Geld auf dem Geschäftskonto landet.
Die Fragen, die sich ein Unternehmer im Rahmen des Forderungsmanagements bereits vor Vertragsschluss unter anderem stellen sollte, sind also:
- „Ist mein Kunde überhaupt liquide, d.h. ist er überhaupt in der Lage dazu, meine Rechnung zu zahlen?“
- „Sollte ich für meine Leistung einen Vorschuss oder eine Teilzahlung verlangen?“
- „Wie gehe ich vor, wenn mein Kunde verspätet oder gar nicht zahlt?“
- „Wer kann mich unterstützen, wenn ich mich auf das Tagesgeschäft konzentrieren möchte und gleichzeitig meine Forderungen realisieren will?“
Diese Fragen sollen im Folgenden beantwortet werden.
Was kann man vorsorglich tun, damit gezahlt wird?
Jeder Unternehmer sollte bereits vor Geschäftsabschluss alle nötigen Vorkehrungen treffen, damit er vom anderen auch die Vergütung bekommt, die er verlangt. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten.
„Das Forderungsmanagement sorgt dafür, dass Rechnungen von Selbstständigen oder Unternehmen bezahlt werden und sie ihr Geld bekommen.“
- Empfehlenswert ist, Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zu verwenden. Die AGB regeln, wann gezahlt werden soll und ab wann Verzugszinsen anfallen. Die Info „wann gezahlt werden soll“ findet man in den AGB meist unter dem Punkt „Zahlungsmodalitäten“ oder „Fälligkeit“.Sind diese AGB einmal für das Unternehmen geschrieben, so gelten sie für jeden Geschäftsabschluss, ohne dass sie ein Unternehmer mit jedem Kunden einzeln verhandeln muss. AGB schaffen Transparenz, Rechtssicherheit und sparen Zeit in Verhandlungen.
- Es gibt auch die Möglichkeit, eine Bonitätsauskunft einzuholen. So kann man als Unternehmer sichergehen, dass der künftige Vertragspartner insbesondere bei größeren Aufträgen auch in der Lage sein wird, das Geld zu bezahlen. Ist die Bonität negativ, sollte man entweder eine Geschäftsbeziehung zunächst ablehnen oder aber Vorkasse bzw. eine größere Anzahlung verlangen.
- Außerdem ist es sinnvoll, einfache Zahlungsmethoden anzubieten. So eignen sich PayPal oder Apple Pay beispielsweise hervorragend dazu, dass der Kunde auch von unterwegs schnell zahlen kann. Je einfacher die Handhabung für den Kunden ist, desto schneller bekommt man sein Geld.
- Man kann mit dem Kunden aber auch Sicherheiten vereinbaren. Beispielsweise kann man regeln, dass ein Produkt zwar ohne vorherige Bezahlung an den Kunden verschickt wird, der Kunde aber erst dann zum Eigentümer wird, wenn der Kaufpreis vollständig gezahlt wurde. Mit diesem sogenannten „Eigentumsvorbehalt“ kann der Verkäufer sicherstellen, dass er seine Ware nicht „verliert“, wenn der Käufer sie nicht zahlt.
Dennoch kennt jeder im Laufe der Zeit die Situation, in der eine Forderung ausfällt. Selbst die besten Vorkehrungen reichen manchmal nicht aus, wenn der Schuldner einfach nicht zahlen kann oder will. Wenn diese Situation zum ersten Mal vorkommt, so fragt man sich, wie man am besten vorgeht, um an sein Geld zu kommen.
Was kann man tun, wenn nicht gezahlt wird?
Am schnellsten ist natürlich der kurzfristige Anruf oder auch eine freundliche Zahlungsaufforderung, z.B. per E-Mail an denjenigen, der einem das Geld schuldet. Das Wort „Mahnung“ sollte zunächst bewusst vermieden werden, da dieser Begriff in unserer Gesellschaft sehr negativ belastet ist.
Wenn man trotzdem irgendwann die „1. Mahnung“ versenden muss, kann es passieren, dass der säumige Kunde dann sogar auf die „2. Mahnung“ und sogar noch die „3. Mahnung“ wartet, ohne sich zu rühren. Das kostet das Unternehmen viel Zeit und auch Nerven. Könnte sich da nicht vielleicht auch jemand anderes um die Aufforderung zur Zahlung kümmern?
Ja, jeder, der die Forderung kennt und sich im Detail über den Vertrag sowie die Höhe der ausstehenden Forderung informiert hat. Im Außenauftritt kommt es professionell rüber, wenn der Selbstständige oder der Geschäftsführer des Unternehmens persönlich die Forderung geltend machen. Selbstverständlich kann aber auch der Mitarbeiter aus der Buchhaltung den Anruf tätigen oder das Schreiben verfassen.
„Es ist sinnvoll, einfache Zahlungsmethoden anzubieten. […] Je einfacher die Handhabung für den Kunden ist, desto schneller bekommt man sein Geld.“
Dabei sollten die Verzugszinsen und Mahnkosten in die Zahlungsaufforderung aufgenommen oder wenigstens darauf hingewiesen werden, dass man diese Beträge spätestens dann berechnet, wenn nicht sofort gezahlt wird.
Hierbei sollte immer die Verjährungsfrist im Auge behalten werden. Lässt man sich zu lange Zeit, so kann es passieren, dass man seine Forderung nicht mehr geltend machen kann. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt am 31. Dezember des Jahres, in dem die Forderung entstanden ist. Wer also heute noch Geld aus dem Jahr 2018 fordert, sollte seinen Anspruch schnellstmöglich geltend machen.
Wie sollte unabhängig von Zahlungsaufforderung und Mahnung mit dem Schuldner kommuniziert werden?
Entscheidet man sich für die persönliche Kommunikation mit demjenigen, der einem Geld schuldet, so ist es wichtig, trotz aller Verärgerung auch Wohlwollen zu zeigen. Denn gewünscht ist meist eine schnelle, unkomplizierte Bezahlung.
„Zur richtigen Kommunikation gehört auch ein gesundes Selbstbewusstsein sowie die Überzeugung, dass man für seine Leistung vergütet werden muss.“
Durch die richtige Kommunikation lassen sich Streitigkeiten leicht und schnell lösen. Wird außergerichtlich bereits heftig gestritten, so lässt sich ein langwieriges und teures Gerichtsverfahren selten vermeiden. Hier geht es den Parteien meist nur noch um das Prinzip!
Zur richtigen Kommunikation gehört auch ein gesundes Selbstbewusstsein sowie die Überzeugung, dass man für seine Leistung vergütet werden muss. Wer auf seine Forderungen verzichtet, zieht in der Praxis leider öfter Kunden an, die nicht besonders zahlungsfreudig sind.
Ob es sich „herumspricht“, wenn ein Unternehmer gerne „pro bono“ arbeitet oder ob das Gesetz der Anziehung hier einfach besonders gut funktioniert, ist nicht ganz klar. Die Wirtschaftslage von solchen Unternehmen, die ihre Forderungen immer durchsetzen, hebt sich durchaus von der Masse ab.
Und zuletzt ein Tipp für alle vielbeschäftigten Unternehmer: Wer keine Zeit für die Forderungsdurchsetzung hat, sollte unbedingt Prozesse schaffen, um Forderungen auch ohne Zeitaufwand schnell zu realisieren!
IRINA SHAFIR, LL.M.
ist Rechtsanwältin und Inhaberin der Kanzlei Shafir. Spezialisiert ist sie seit dem Jahre 2013 auf das anwaltliche Forderungsmanagement und setzt für ihre Mandanten erfolgreich Forderungen durch. Als Mitgründerin des Online-Kurses Inkasso2go und Business-Coach bringt sie Selbständigen und Unternehmern bei, wie Forderungen durchgesetzt und künftige Forderungsausfälle vermieden werden.