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Das Tier im Recht

Sind Tiere rechtlich gesehen Sachen?

 

Dem Volksmund ist (oft mit leichter Empörung) zu entnehmen, dass Tiere rechtlich gesehen Sachen seien. Doch ist das tatsächlich so? Schauen wir uns als Ausgangspunkt einmal § 90a BGB an. Denn darin steht:

 

„Tiere sind keine Sachen. Sie werden durch besondere Gesetze geschützt. Auf sie sind die für Sachen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.“

 

Das Gesetz sagt auf der einen Seite also ausdrücklich, dass Tiere zwar keine Sachen sind, auf der anderen Seite sollten aber die Vorschriften für Sachen auf sie angewendet werden. Zusammenfassend bedeutet das: Sie sind zwar keine Sachen, werden aber wie solche behandelt. Doch was hat das zu bedeuten? Und wie werden Tiere dann überhaupt geschützt?

 

Vorschriften für Sachen gelten auch für Tiere

Nehmen wir nun einmal folgendes Beispiel aus dem Kaufrecht:

 

Der Verkäufer verkauft dem Käufer ein Auto. Daraus entstehen bestimmte Ansprüche für beide Seiten: Der Verkäufer kann vom Käufer verlangen, dass er den Kaufpreis für das Auto bezahlt und der Käufer kann hingegen verlangen, dass er das Auto auch bekommt.

 

Nichts anderes gilt, wenn es sich nun nicht um ein Auto, ein Buch oder ein Möbelstück handelt, sondern um ein Pferd, einen Hund oder eine Katze.

 

Allerdings gibt es Besonderheiten, die daraus resultieren, dass Tiere nun mal Lebewesen sind. Im Kaufrecht macht sich das vor allem beim Begriff des „Sachmangels“ bemerkbar. Das bedeutet, dass eine Sache nicht die Eigenschaften hat, die sie haben soll. Welche Eigenschaften das genau sind, können die Parteien in Verträgen untereinander vereinbaren – das gilt sowohl für ein Auto als auch z.B. für ein Sportpferd.

 

Haben die Parteien allerdings keine Eigenschaften individuell vereinbart, so muss man die Sache so verwenden können, wie es ein durchschnittlicher Käufer erwarten würde. Andernfalls liegt ein Mangel vor.

 

Doch wie ist das nun bei Tieren? Welche Eigenschaften kann ein „durchschnittlicher Käufer“ bei Lebewesen erwarten? Hier betonen die Gerichte, dass Tiere einer ständigen Entwicklung unterliegen und sie – anders als Sachen – eben mit individuellen Anlagen ausgestattet sind. Daher kann der Käufer nicht erwarten, dass das Tier in jeder Hinsicht einer biologischen oder physiologischen „Idealnorm“ entspricht. Das heißt, dass der Verkäufer nur dafür einstehen muss, dass das Tier zum Zeitpunkt der Übergabe nicht krank ist und sich auch nicht in einem Zustand befindet, bei dem sicher oder zumindest sehr wahrscheinlich ist, dass es schon bald erkranken wird.

 

 

„Wer z.B. eine Autoscheibe zertrümmert, dem drohen nach dem Strafgesetzbuch bis zu 2 Jahren Freiheitsstrafe. Wer allerdings ein Tier tötet, dem drohen nach dem Tierschutzgesetz sogar bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe.“

 

 

Tiere werden durch besondere Gesetze geschützt

Tiere werden zudem durch besondere Gesetze geschützt. Dieser Schutz wird u.a. im Strafrecht verwirklicht. Hierzu ein Beispiel:

 

Im Strafgesetzbuch gibt es z.B. die sog. Sachbeschädigung. Diese greift dann, wenn jemand eine Autoscheibe zertrümmert, aber auch wenn jemand einen Hund tötet. Doch das war noch nicht alles, denn dem Gesetzgeber ist klar, dass man einen Gegenstand nicht mit einem Tier gleichsetzen kann. Deswegen gibt es zusätzlich auch noch das Tierschutzgesetz. Und hier steht speziell in § 17:

 

„Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

  • ein Wirbeltier ohne vernünftigen Grund tötet oder
  • einem Wirbeltier
    1. aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oder
    2. länger anhaltende oder sich wiederholende erhebliche Schmerzen oder Leiden zufügt.“

 

Das heißt also: Wer z.B. eine Autoscheibe zertrümmert, dem drohen nach dem Strafgesetzbuch bis zu 2 Jahren Freiheitsstrafe. Wer allerdings ein Tier tötet, dem drohen nach dem Tierschutzgesetz sogar bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe.

 

Sachbeschädigung ist nicht gleich Sachbeschädigung

Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass die Sachbeschädigung nur die Beschädigung fremden Eigentums umfasst. Das heißt umgekehrt, dass aber jeder so frei sein kann, seine eigenen Sachen zu zerstören. Das ist nach dem Tierschutzgesetz aber auch verboten. Das heißt: Seine eigene Autoscheibe kann man zertrümmern, seinen eigenen Hund darf man ohne vernünftigen Grund aber nicht töten!

 

 

„Was aber, wenn jemand z.B. einen Hund anfährt und er für mehrere tausend Euro operiert werden muss, obwohl man sich den Hund damals für 500 Euro gekauft hat? […] Bei Tieren mit einem geringen materiellen Wert können die Heilbehandlungskosten selbst dann ersatzfähig sein, wenn sie ein Vielfaches dieses Wertes ausmachen.“

 

 

Bei dem Ersatz von Kosten kommt es weniger auf den Wert des Tieres an

Doch nicht nur im Strafrecht, sondern auch im Zivilrecht kommt der besondere Wert der Tiere zum Ausdruck. Wenn jemand einen Gegenstand beschädigt, muss er i.d.R. für die Kosten aufkommen, die dafür nötig sind, diesen Schaden wieder zu beseitigen. Er muss also z.B. die Reparaturkosten für eine kaputte Scheibe bezahlen oder die Reinigungskosten für ein verschmutztes Sofa. Manchmal kann es aber auch sein, dass z.B. die Reparatur oder die Reinigung viel mehr kosten würde, als das Auto oder das Sofa überhaupt noch wert ist. Dann genügt es, wenn nur der Teil der Kosten gezahlt wird, der im Verhältnis zum Wert des Gegenstands steht.

 

Was aber, wenn jemand z.B. einen Hund anfährt und er für mehrere tausend Euro operiert werden muss, obwohl man sich den Hund damals für 500 Euro gekauft hat? Hier regelt das Gesetz etwas anderes als bei einem Auto oder Sofa. Bei Tieren mit einem geringen materiellen Wert können die Heilbehandlungskosten selbst dann ersatzfähig sein, wenn sie ein Vielfaches dieses Wertes ausmachen. Welche Kosten dem Schädiger dabei noch zuzumuten sind, bestimmt sich z.B. danach, ob er das Tier absichtlich oder nur versehentlich verletzt hat oder ob die Kosten für die Heilbehandlung aus tiermedizinischer Sicht auch wirklich nötig waren.

 

 

„Tiere sind keine Sachen! Es gibt aber rechtliche Regelungen, die bei Tieren genauso Anwendung finden wie bei Sachen. Dabei berücksichtigt die Rechtsprechung aber, dass es sich bei Tieren um Lebewesen handelt.“

 

 

Das Tierwohl findet sich auch in unserem Grundgesetz

Tiere werden auch im Grundgesetz (Art. 20a) erwähnt und somit vom Staat besonders geschützt. Der Gesetzgeber schreibt daher in vielen Gesetzen den Umgang mit Tieren vor, so z.B. im landwirtschaftlichen Bereich. Für die Betroffenen sind damit Einschränkungen verbunden, sie können die Tiere nicht einfach so halten, wie sie wollen. Damit greift der Gesetzgeber zugleich in die Grundrechte der Betroffenen ein, z.B. in deren Berufsfreiheit, und schränkt diese zugunsten des Tierschutzes ein.

 

Fazit

Tiere sind keine Sachen! Es gibt aber rechtliche Regelungen, die bei Tieren genauso Anwendung finden wie bei Sachen. Dabei berücksichtigt die Rechtsprechung aber, dass es sich bei Tieren um Lebewesen handelt. Zudem werden Tiere durch besondere Gesetze geschützt und der Tierschutz wird sogar im Grundgesetz berücksichtigt.

 

 

 

SUSAN BEAUCAMP

ist selbst Tierliebhaberin: Zwei Hunde gehören zur Anwaltskanzlei für Tierrecht dazu.

 

Außerdem ist sie begeisterte Reiterin und kennt durch ihre Tätigkeit im Reitsport Sorgen und Nöte.

 

Als Anwältin für Tierrecht ist es ihr wichtig, auch außerhalb der Tätigkeit in der Kanzlei Tierbesitzern Orientierung im Tierrecht zu geben: Regelmäßig publiziert sie zu Fachbeiträgen, nicht nur auf ihrem Blog, sondern auch in Workshops und Seminaren sowie in Literatur.

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